12. März 1968: 23 Klassen ohne Lehrer

12.3.2018, 07:00 Uhr
12. März 1968: 23 Klassen ohne Lehrer

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Er ist jedoch nicht sicher, daß die Parlaments-Mehrheit rasch von ihrem "untragbaren Beschluß" abrücken wird; daher wünschte er den Schulleitern eine glückliche Hand, wenn sie im Herbst die bedürftigen von den anderen Kindern bei der Ausgabe von Büchern scheiden müssen.

Nürnberg hat noch einen weiteren Grund zur Klage gegen den bayerischen Staat: der Stadt sind 23 Lehrer weniger als notwendig zugeteilt worden, während beispielsweise in ganz Oberfranken alle Planstellen – trotz des Lehrermangels – besetzt sind.

Kultusminister Ludwig Huber müssen mehrfach die Ohren geklungen haben, als der gemeinsame Elternbeirat (9 Männer und Frauen für die Stadt) gestern abend im Auditorium Maximum der Universität an der Findelgasse alle Elternbeiräte (etwa 400 an der Zahl) um sich scharte. Ob Fünf-Tage-Woche an den Schulen, ob Verzicht auf die Aufnahmeprüfung für die höheren Schulen – immer wieder verwies Stadtschulrat Kurt Gemählich darauf, daß dafür das Kultusministerium zuständig ist, aber noch nicht entschieden hat.

Um so entschlußfreudiger zeigte sich – nach den Worten von Hans Batz – die CSU-Mehrheit im Landtag, als es darum ging, weite Kreise der Bevölkerung von der Lernmittelfreiheit auszuschließen, um solcherart vier Millionen Mark einzusparen. „Ehe wir noch einen geharnischten Protest abschicken konnten, war das Gesetz beschlossene Sache!“ Es ist beabsichtigt, den Kindern von Eltern mit einem Jahreseinkommen von 18.000 DM und mehr die Lernmittelfreiheit zu versagen, aber die genauen Bestimmungen liegen beim Schulreferat noch nicht vor.

Ärger mit dem 9. Schuljahr

Unzufrieden zeigten sich die Eltern über die Methode, das Fehlen von 287 Lehrern im Lande „auszugleichen“. Nürnberg muß bei 860 Klassen auf 23 Lehrer verzichten, "damit ist es stärker benachteiligt als andere Orte in Bayern", denn der Oberpfalz wurden 20 Lehrer, Niederbayern gar nur 17 Lehrer versagt. "Das Kultusministerium hat seine Anordnung offenbar mancherorts sehr großzügig ausgelegt, daß jede Schule mit mehr als 13 Lehrern eine Klasse einzusparen hat", meinte Kurt Gemählich.

Vorsitzender Batz berichtete von einem weiteren Fall, in dem sich die Elternbeiräte an das Kultusministerium wandten, um wenigstens nach einem Briefwechsel Klarheit zu erlangen: den Fall "9. Schuljahr". Es war im vorigen Jahr erst angekündigt, dann aber wieder verschoben worden. "Es ist doch unmöglich, Interessenten solange hinzuhalten, bis sie fast keine Stellen mehr finden, umgekehrt aber konnte die Industrie keine Lehrlinge annehmen!" Für dieses Jahr sei jedoch bekannt, daß mit der neunklassigen Volksschule auf gesetzlicher Grundlage nicht mehr zu rechnen ist.

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