13. April 1966: Krach nach dem Knall

13.4.2016, 07:00 Uhr
13. April 1966: Krach nach dem Knall

© dpa

Dem Deutschen Abbruchverband, der in Düsseldorf sitzt, gefällt die Mitwirkung der Pioniere aus Ingolstadt nicht, die an der Hiterlassenschaft des „Dritten Reiches“ ihr Können erproben möchten. „Die Bundeswehrübung nehme dem ohnehin schon bedrängten Gewerbe das Brot“, mein Verbandsgeschäftsführer Franz Könighaus. Die Industrie- und Handelskammer, die dem Unternehmen ihren Segen gab, ist anderer Auffassung: „Der privaten Wirtschaft wird deswegen kein Auftrag entzogen.“

Das Tauziehen hatte begonnen, als die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft der Stadt Nürnberg (WBG) die Abbrucharbeiten öffentlich ausschrieb und aus den vielen Angeboten das zweitbilligste aussuchte. Ein Steinbruchunternehmen aus Ochsenfurt hatte es abgegeben und damit versprochen, für rund 600.000 Mark das Hindernis aus dem Weg zu räumen. Als sich dann herausstellte, dass die Bundeswehr mit von der Partie sein sollte, blies der Abbruchverband zur Attacke und schrieb protestierend an das Bundesverteidigungsministerium in Bonn, an das zuständige Wehrbereichskommando in München und an die Industrie- und Handelskammer Nürnberg.

Der Verband empfindet die Übung der Soldaten als Verfälschung des Wettbewerbs. „Vielleicht hat das Unternehmen, das den Auftrag erhielt, mit der Bundeswehr gerechnet und ein billiges Angebot machen können“, argwöhnt Geschäftsführer Könighaus, der sich auch aus einem anderen Grunde ärgert: „Auch unsere Betriebe helfen mit, die Bundewehr zu finanzieren, die sie dann wieder als Konkurrenz vorgesetzt bekommen.“

Auch die Industrie- und Handelskammer bekommt einen Vorwurf aus Düsseldorf zu hören. Sie habe nicht fair gehandelt, weil sie, ohne den Verband zu konsultieren, eine Unbedenklichkeitserklärung ausstellte, ein Papier also, ohne dass die Bundeswehr bei gewerblichen Aufträgen nicht mitmischen darf. „Der Verband kennt doch die Situation in der Branche am besten. Zur Zeit sind wir nicht ausgelastet“, begründet Franz Könighaus seinen Wunsch.

Die Nürnberger Kammer, die sich geweigert hat, die Erklärung wieder zurückzunehmen, versichert hingegen, sie gedenke stets die Interessen der Wirtschaft zu wahren. Sie verweist auf die den Unterfranken auferlegte Bedingung, der Bundeswehr die branchenübliche Entschädigung zu zahlen und führt zum Beweis ihrer Haltung die Gegnerschaft beim einst geplanten Bundeswehreinsatz im künftigen Hafengelände ins Feld.

Wegen der Sprengungen durch die Pioniere auf dem Märzfeld werde jedoch der privaten Wirtschaft kein Auftrag entzogen. Schließlich habe das Ochsenfurter Steinbruchunternehmen glaubwürdig versichert, es könne auch selbst sprengen. Einen Gegenbeweis habe der Deutsche Abbruchverband jedenfalls nicht angetreten.

Die Bundeswehr, die einerseits darauf bedacht ist, der Wirtschaft keinen Schaden zuzufügen, andererseits aber nach solchen günstigen Trainigsobjekten sucht, hat sich selbst an die Ochsenfurter gewandt. „Wir sind angeschrieben und gebeten worden, die Soldaten, die eine Pionier-Sprengausbildung erhalten sollen, mittun zu lassen“, erklärt Ludwig Pflüger als Vertreter der attackierten Firma. „Außerdem sind die Soldaten nur zum Laden und Zünden da.“

Ein weiterer Grund, weshalb die Leute vom Main nichts gegen die Schützenhilfe von der Donau einzuwenden hatten: die zusätzlich zur Polizeiabsperrung gebotene Sicherheit durch die mit Sprechfunkgeräten ausgerüsteten Männer der Bundeswehr. Am wenigsten aber stört die WBG der Wirbel um die Türme. Ihr geht es darum, dass die bis zu 34 Meter hohen Kolosse möglichst billig und schnell verschwinden, damit auf dem Gelände gebaut werden kann. Der Deutsche Abbruchverband setzt dagegen seine Hoffnungen auf Bonn. Geschäftsführer Franz Könighaus meint: „Die Antwort des Bundesverteidigungsministeriums steht aus.“

Verwandte Themen


Keine Kommentare