15. Juli 1965: In Langwasser geht’s aufwärts

15.7.2015, 07:00 Uhr
15. Juli 1965: In Langwasser geht’s aufwärts

© Kammler

Dies teilte Direktor Joseph Haas von der Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft Nürnberg mit. In diesem Jahr wird auch noch auf dem sogenannten „Gewerbestreifen“ südlich der Bahnlinie, die den Südteil vom zukünftigen Nordteil der Trabantenstadt trennt, ein großes Kühlzentrum für ganz Nordbayern fertig; weitere namhafte Firmen haben sich für das Gelände interessiert, und für das geplante Heizwerk an der Kreuzung Oppelner/Breslauer Straße finden zur Zeit die ersten Bohrungen statt. Darüberhinaus soll heuer mit den ersten Vorbereitungen zur Erschließung des Nordteils begonnen werden. Hier stehen in erster Linie Tiefbaumaßnahmen an: der Neuselsbrunngraben soll in die zukünftige Trasse der Oppelner Straße verlegt werden: auch will man mit den ersten Brückenbauten anfangen.

Im Südteil der zukünftigen Trabantenstadt hat die WBG jetzt die letzten Geländereste aufgekauft, die sich bislang noch in privater Hand befanden. Zwischen Salzbrunner und Reinerzer Straße wird darauf die sogenannte Restbebauung der Nachbarschaften A und B errichtet. Die Planung, die schon in Kürze verwirklicht werden soll, sieht am Eingang der Nachbarschaften längst der Glogauer Straße einen dreigeschossigen Pavillon in U-Form mit Innenhof vor, der zusammen mit einem 17geschossigen Hochhaus und einem 9geschossigen Wohnhaus eine „Troika“ bildet.

Pavillon für Ausstellungen

Daran sollen sich in der Reinerzer Straße gegenüber dem Verwaltungsbau und der Paul-Gebhardt-Kirche mehrere große Längsbauten und ein Pavillon für kleinere Ausstellungen schließen. Der neungeschossige Bau an der Glogauer Straße wird in seinen Erdgeschoß übrigens ein Tagescafé aufnehmen, das man in Langwasser bisher vermißt hatte. Die beiden Nachbarschaften C und D sind vollkommen fertig. Sie enthalten zum größten Teil Familieneigenheime und Geschoßwohnungen; besonders fallen dabei die Atriumhäuser in der Nachbarschaft D auf, die teilweise schon bezogen sind, teilweise kurz vor der Vollendung stehen. Sie stellen für das gewiß nicht „arme“ Typenprogramm in Langwasser eine wertvolle Bereicherung dar.

15. Juli 1965: In Langwasser geht’s aufwärts

© Kammler

Die Nachbarschaft H., die mit großen Schritten ihrer Vollendung entgegengeht, erhält ein großes Einkaufszentrum. Neben einem Großraumladen wird es ein Friseurgeschäft, Bankfiliale, Blumenladen, eine chemische Reinigung mit Schuh-Bar und Praxen für einen Zahnarzt und einen praktischen Arzt vereinigen.

Mit dem Bau von vier Hochhäusern wurde vor einiger Zeit in der Nachbarschaft I begonnen, die in Fertigteil-Bauweise errichtet werden. Die Vorerschließung für die ganze Nachbarschaft ist bereits beendet; der Startschuß für den Gesamtbaubeginn wird ebenfalls noch in diesem Jahr fallen. Die Wohnungen der Nachbarschaft K werden teilweise noch heuer bezogen, der Rest folgt im kommenden Jahr. In der Nachbarschaft L wurden die Vorerschließungsarbeiten ebenfalls beendet; zwei 12geschossige Hochhäuser wachsen bereits den Wolken entgegen. Für die Nachbarschaft M wurde in den letzten Monaten die Planung abgeschlossen; mit Baubeginn rechnet man bis zum Herbst. Sämtliche Häuser in dieser Nachbarschaft werden in Fertigteilbauweise errichtet.

Die Baustelle Langwasser-Süd wird sich also am Jahresende bis fast an die südliche Baulinie erstrecken. Ausgeklammert sind lediglich die Nachbarschaften F und G, für die gegenwärtig die Pläne begutachtet werden, und die Nachbarschaft E. Sie dient gewissermaßen als Experimentierfeld: ein bekannter Nürnberger Architekt will hier Bauelemente entwickeln und verwenden, die in Flachbauten ebenso wie in Geschoßbauten verwendet werden können.

Traten zunächst wenige Interessenten für die gewerblich nutzbaren Flächen auf, so ist jetzt die Nachfrage kaum mehr zu befriedigen. Zwei bekannte Nürnberger Großfirmen haben sich für das Gelände zwischen Bahn und Breslauer Straße interessiert, an der Gleiwitzer Straße siedeln sich zwei Tankstellen an; für die Fundamente des geplanten Fernheizwerks werden gegenwärtig die Probebohrungen durchgeführt. Dieses Heizwerk wird nach seiner Fertigstellung den Süd- und Nordteil der Trabantenstadt mit Fernwärme und Warmwasser versorgen; das Gruppenheizwerk, das jetzt die Wohnungen versorgt, soll dann nur bei Spitzenbelastungen zugeschaltet werden.

In der Gewerbeplanung setzt sich der Trend zum Großraumladen immer mehr durch. Es gelingt nur noch punktuell, mittelständische Handwerksbetriebe anzusiedeln. In der Salzbrunner Straße wird an einem dreistufigen Versorgungszentrum gearbeitet, das zunächst Lebensmittelgeschäft, Bäcker und Fleischer vereinen sollte, jetzt aber – da sich kein Metzger fand – nur aus dem Bäckerladen und dem Lebensmittelgeschäft mit angegliederter Frischfleischabteilung bestehen wird. Auf dem Grundstück hinter dem Ladenzentrum will man eine Selbstbedienungsgärtnerei errichten, doch haben dreijährige Verhandlungen noch zu keinem Ergebnis geführt.

20 Architekten wirken mit

Während im Süden Langwassers die Planung immer mehr zur Wirklichkeit wird, „eingewachsene“ Siedlungsgebiete neben eben erst erschlossenen oder in Bau befindlichen stehen und der ganze Stadtteil, der die Handschriften von rund 20 Architekten trägt, langsam beginnt, Gestalt anzunehmen und sein wahres Gesicht zu zeigen, geht man im Norden daran, die Trasse der Oppelner Straße festzulegen. Die ersten Stücke Wald werden dazu bereits gerodet, noch vor Winterbeginn will man mit den Brückenbauwerken an den Kreuzungen der Beuthener und Kreuzburger Straße mit der Oppelner Straße beginnen, wo die Fahrzeugströme in drei Ebenen fließen sollen. Auch der Neuselsbrunngraben, der die ganzen Oberflächenwässer des Gebietes aufnimmt muß verlegt werden, da er mitten durch zukünftiges Wohngebiet verläuft. Bereits im nächsten Jahr will man die Nachbarschaft U im Nordwesten Langwassers in Angriff nehmen – die ersten Wohnungen sollen dort schon 1967 bezogen werden.

Dieses Jahr werden in Langwasser insgesamt 850 Wohnungen fertiggestellt; im nächsten sollen es bereits 1.300 sein und im übernächsten sogar 1.500. Voraussetzung ist dazu allerdings, daß ausreichend öffentliche Mittel gewährt werden und die Finanzierung stetig gesichert ist. Es sieht so aus, als ob die Lawine Langwasser jetzt langsam ins Rollen kommt.

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