15. Juni 1965: Baustellen versanken im Wasser

15.6.2015, 07:00 Uhr
15. Juni 1965: Baustellen versanken im Wasser

© Gerardi

Denn auch das Baugewerbe litt unter dem Überfluß des feuchten Elementes. Die Umsätze gingen zurück. „Bei den wetterempfindlichen Gruppen zwischen sechs und 19 v. H.“, erklärt der Geschäftsführer der Bau-Innung Nürnberg, Direktor Rudolf Purucker, für die Unternehmer. „Wir sind zurückgeworfen worden“, sagen die Baubehörden, denen es weniger um die Kasse als um den Zeitplan geht.

Im Dauerregen der letzten Wochen sind viele Baugruben voll Wasser gelaufen. Bagger und anderes schweres Baugerät blieb im Morast stecken; bis auf die Haut durchnäßte Arbeiter zeigten wenig Lust, weiterzuwerkeln. „Selbstverständlich spürt die Bauwirtschaft das schlechte Wetter, insbesondere dort, wo noch Überschwemmungen auftraten“, schildert Rudolf Purucker die Auswirkungen des großen Regens, der erst in den letzten Tagen von etwas Sonnenschein abgelöst worden ist. Gemessen an den Umsätzen des Vorjahres mußten in den ersten vier Monaten dieses Jahres die Unternehmer zum Teil erhebliche Einbußen hinnehmen: im Straßenbau rund 19 v. H., im Brunnenbau neun v. H. und im Hochbau rund sieben v. H. Dagegen können sich die fast witterungsunabhängigen Sparten des Baugewerbes nicht beklagen. Die Isolierfirmen melden Umsatzsteigerungen von 29 v. H., die Fliesenleger liegen mit 21 v. H. an zweiter Stelle im geschäftlichen Rennen. Bei ihnen spielt das schlechte Wetter kaum eine Rolle. Ihre Arbeit wird unter dem Dach verrichtet.

Die Behörden möchten – von Umsatzsorgen ledig – das Programm erfüllen, das die Stadt für 1965 aufgestellt hat. Vielfach stimmt diese Rechnung nicht mehr. Baudirektor Gerhard Lührs, der Leiter der Abteilung „Wasser- und Brückenbau“ des Tiefbauamtes, berichtet von wetterbedingten Verzögerungen. Zwei große Baustellen liegen im Hochwasserbereich der Pegnitz und Rednitz: der erste Bauabschnitt für den neuen Wöhrder Talübergang und der Neubau der Brücke zwischen Mühlhof und Reichelsdorf, deren erste Konturen – vorerst nur in Holz – sich abzuzeichnen beginnen. Zwar lief das Wasser inzwischen wieder ab und bildet nur noch kleinere Pfützen auf den Wiesen. Zurück aber blieben Baustellen, die Schlammlöchern gleichen.

Auf diesem grundlosen Boden macht die Arbeit kein Vergnügen. Baudirektor Hörber beklagt sich noch ärger: „Das Wetter hat uns schwer zurückgeschlagen“, versichert der Leiter der Abteilung „Straßenbau“. „Die Arbeiter konnten höchstens eine Stunde im Regen bleiben, dann ging es einfach nicht mehr. Außerdem bereitete das Naß technische Schwierigkeiten“, seufzt der Baudirektor. Wenn der Himmel seine Schleusen öffnet, kann eben nicht betoniert oder eine Straße asphaltiert werden.

Gestern aber waren sogar die Straßenbauer wieder fleißig bei der Arbeit, auch an der Baustelle am Thumenberger Weg, die vom Wasser überflutet worden war. Außerdem erhielt das Straßenstück zwischen dem Kalb's Garten und der Stadtgrenze in Erlenstegen eine neue Teerdecke.

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