15. November 1965: Willstätter-Preis für den Besten

15.11.2015, 07:00 Uhr
15. November 1965: Willstätter-Preis für den Besten

© Eißner

Das Vorbild des einzigen Nürnberger Nobelpreisträgers Richard Willstätter soll die Schüler in Zukunft zu noch größeren Leistungen anspornen. Als gestern das Realgymnasium am Inneren Laufer Platz den Namen seines einstigen Paradeschülers erhielt, wurde gleichzeitig ein Richard-Willstätter-Preis gestiftet. Der Preis von 3.000 DM fällt am Ende eines jeden Schuljahres dem jeweils besten Abiturienten zu.

Die Feier zur „Taufe“ des Realgymnasiums gestaltete sich zu einem kulturellen Ereignis von überregionaler Bedeutung. Oberstudiendirektor Dr. Georg-Karl Bauer begrüßte eine lange Reihe von Ehrengästen, Professoren, Direktoren und Ministerialräten, an der Spitze Nobelpreisträger Professor Dr. Richard Kuhn aus Heidelberg.

Die Stadt Nürnberg wurde von Bürgermeister Franz Haas vertreten. „Richard Willstätter war ein vorbildlicher Lehrmeister. Er wirkt in einem Großteil seiner Schüler fort“, sagte Oberstudiendirektor Dr. Bauer, als er die Namensgebung begründete. „Wenn wir schon auf unseren traditionellen Namen Realgymnasium verzichten, so wollten wir den neuen Namen wenigstens in der Tradition verankern. Wir möchten einen Namen aus der Geschichte unserer Schule. Dabei mußten wir zwangsläufig auf den Namen Richard Willstätter stoßen!“

In bewegten Worten, anschaulich mit Lichtbildern unterstützt, schilderte Professor Dr. Richard Kuhn, der 1938 den Nobelpreis für Chemie erhielt, den großen Lehrmeister und großherzigen Menschen Richard Willstätter. Der Chemiker, der 1939 wegen seines jüdischen Glaubens in die Schweiz emigrieren mußte, habe jedem seiner Schüler entscheidende Ratschläge für das Leben mitgegeben.

Als wahrhaft väterlich empfindet Professor Dr. Kuhn es heute noch, daß ihm Willstätter, der die Arbeit eines Justus von Libig und Adolf von Baeyer fortsetzte, Lebensmittel schickte. 1923 habe ihm sein großer Lehrmeister die Teilnahme am Internationalen Kongreß in Edinburgh möglich gemacht, indem er ihm im Labor ein Bündel US-Dollar zusteckte.

Im Namen aller Willstätter-Schüler dankte Professor Dr. Kuhn der Anstalt für den Entschluß, künftig den Namen des berühmten Wissenschaftlers zu tragen. Sodann überreichte er dem Schulleiter Dr. Bauer die Willstätter-Biographie „Aus meinem Leben“, einen Scheck über 1.000 DM, der zum chemischen Unterricht beitragen soll, weiterhin zwei Schecks über jeweils 3000 DM. Diese Gelder kommen aus dem Fonds der chemischen Industrie und von Dr. Kuhn persönlich; sie sind für chemische Untersuchungen bzw. als Auszeichnung für besondere Leistungen in allen Fächern gedacht. „Nürnberg ist Willstätter nicht nur durch das Gymnasium verbunden, sondern auch durch die Zweigstelle der Sandoz-AG“, erläuterte Dr. h. c. Charles Maurice Jacottet, Vizepräsident und Delegierter der Firma.

Richard Willstätter hatte nach der Emigration sein Wissen in den Dienst dieses Werkes gestellt. Bewegung kam in die Reihen der Festgäste, als Dr. Jacottet den Beschluß der Sandoz-AG bekanntgab, in jedem Jahr für den besten Abiturienten der Schule den Willstätter-Preis zu vergeben. Lebhafter Beifall dankte dem Sprecher für sein Versprechen.

Verwandte Themen


Keine Kommentare