16. Dezember 1965: Schlußstein für Quelle-Neubau

16.12.2015, 07:00 Uhr
16. Dezember 1965: Schlußstein für Quelle-Neubau

© Ulrich

Das Großversandhaus Quelle errichtet dort seinen fünften und letzten Bauabschnitt, der 53 Millionen DM kostet und für dessen architektonische Gestaltung wieder Professor Ernst Neufert (Darmstadt) verantwortlich ist. Bis zum April 1966 soll der Neubau – auf ihn weist der notwendig gewordene, 90 Meter hohe Betonschornstein in der Nachbarschaft – fertig sein. Gestern konnte das Richtfest gefeiert werden.

16. Dezember 1965: Schlußstein für Quelle-Neubau

© Ulrich

Das gigantische Gebäude, dessen 12.500 Quadratmeter großes Flachdach die Ausmaße eines großen Stadions besitzt, dient dem erweiterten Hauptlager und der zentralen Auslieferung der Waren für die 13 Kaufhäuser und 97 Agenturen. Der Versandbetrieb wird damit um 80.000 auf 210.000 Quadratmeter Fläche erweitert.

Konsul Dr. h. c. Gustav Schickedanz, Professor Ernst Neufert und Quelle-Direktor Dipl.-Ing. Herbert Tomandl präsentierten das neue Haus, auf das das Unternehmen zu recht stolz ist. Denn es werden damit Rekorde gesetzt, die bislang auch in den Vereinigten Staaten unbekannt waren.

11.600 Quadratmeter mißt darin das Großraumbüro für 2.500 Menschen, dessen Klimaanlage so ausgetüftelt wurde, daß überall im Raum die gleiche Temperatur herrscht. Selbst wenn die Sonne scheint, wird es an den Fensterplätzen nicht wärmer als im Inneren. Ebenso gleichmäßig bleibt die Temperatur im neuen elektronischen Großrechenzentrum.

Die planerische wie die bautechnische Leistung wird am besten durch eindrucksvolle Zahlen deutlich: 140 Meter Länge, 70 Meter Breite, 30 Meter Höhe, 355.000 Kubikmeter umbauter Raum oder 30.000 Kubikmeter Erdaushub. Beim Bau wurden 36.000 Kubikmeter Stahlbeton verarbeitet, für den 3.000 Tonnen Stahl, 36.000 Kubikmeter Kies, 8.000 Kubikmeter Sand und 220.000 Sack Zement benötigt wurden. Die Handwerker vermauerten 930.000 Klinker und 660.000 Gitterziegel.

Um die 12.000 Menschen, die im neuen Haus arbeiten, an ihren Platz zu bringen, baute das Unternehmen einen Tunnel, durch den in 13 Minuten 6.000 Leute in beiden Richtungen gehen können. Außerdem bedingte der fünfte Bauabschnitt auch andere Investitionen. Das Kesselhaus wurde größer, eine weiterer Kessel mit 18 Millionen kcal/h Heizleistung aufgestellt. Es wuchs der Schornstein, der schon bald zu einem neuen Wahrzeichen Nürnbergs wird. Den besonderen Kopf erhielt er für Werbeanlagen, deren Schriftzeichen acht Meter Durchmesser besitzen. Nicht zuletzt gehören dazu ein eigener Omnibusbahnhof und Parkplätze für die Personenwagen der Betriebsangehörigen.

Erstaunlich aber ist die geringe Bauzeit, nicht zuletzt ermöglicht durch eine Kombination zwischen der herkömmlichen und der Fertigteil-Bauweise. Für den fünften Gebäudetrakt wurde erst am 21. Januar dieses Jahres der erste Spatenstich getan. Gestern, beim Richtfest, waren die unteren Stockwerke bereits bezogen.

Bauherr Dr. Gustav Schickedanz – er ließ den Gastarbeitern übrigens beim Richtfest durch Dolmetscher in ihrer Heimatsprache danken – erläuterte vorher, daß in seinem Unternehmen der Rechenstift regiert und der Neubau im Grunde das Resultat kühler Überlegungen ist. Das Großversandhaus kann die aufwendigen auswärtigen Lager – ihre Fläche beträgt 60.000 Quadratmeter – auflösen. „Der Neubau ist noch rentabler als die auswärtige Lagerhaltung“, versicherte der Firmenchef und kündigte an: „Jetzt geht es noch rationeller. Wir können mit gutem Gewissen sagen, daß viele Preissteigerungen aufgefangen werden können.“ Nicht zuletzt wird das Unternehmen fähig, den Kunden eine noch größere Auswahl zu bieten: 10.000 Bestellnummern im erweiterten Sortiment.

Verwandte Themen


1 Kommentar