17. März 1965: Das Dürer-Jahr als großes Ziel

17.3.2015, 07:00 Uhr
17. März 1965: Das Dürer-Jahr als großes Ziel

© Gerardi

Das Baureferat hat daher jetzt Oberbürgermeister Dr. Urschlechter eine lange Liste überreicht, in der 30 „bauliche Mißstände“ aufgeführt sind. Vor allem geht es darum, die Lücken in der Nähe des historischen Dürer-Hauses würdig zu schließen. Aus eigener Kraft kann es jedoch der Stadt nicht gelingen, einen guten Gesamteindruck zu schaffen; sie ist auf die Hilfe und das Verständnis aller Bürger angewiesen. Mit drei Sternen wie im Baedeker hat Baureferent Heinz Schmeißner auf seinem Wunschzettel den Punkt „Umgebung Albrecht-Dürer-Haus“ versehen.

17. März 1965: Das Dürer-Jahr als großes Ziel

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Auf den stimmungsvollsten Platz vor dem Tiergärtnertor sind zwar jahrein, jahraus die Photo-Objektive der Fremden gerichtet, die da staunend ein Stück Altnürnberger Romantik bewundern, aber ein paar Schritte weiter wird nur allzu deutlich, wie hart die Stadt vom Bombenkrieg betroffen worden ist. An der Neutormauer finden sich noch immer Ruinen und Behelfsbauten, in der Albrecht-Dürer-Straße klafft eine große Lücke zwischen den Häuserreihen.

17. März 1965: Das Dürer-Jahr als großes Ziel

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Wenn dereinst die Kunstkenner zu jenem Haus pilgern, in dem Nürnbergs größer Sohn 19 Jahre lang mit seine Frau Agnes gelebt und bis zu seinem Tode am 6. April 1528 mit seinen Gesellen unvergängliche Werke geschaffen hat, soll es nach Schmeißners Willen nebenan anders aussehen als heute. Das Dürerdach, das im Kriege arg mitgenommen worden war, ist längst wieder aufgebaut und stellt ein Museum für gotische Wohnkultur dar. Seine Räume aber atmen über der Zeiten Läufe hinweg den Geist des Malers, der seine Vaterstadt weltberühmt gemacht hat. An anderen Stätten mit einer großen Vergangenheit täuschen vorerst neue Fassaden nur darüber hinweg, daß längst nicht alles Gold ist, was da glänzt.

Die Ecke Hauptmarkt-Waaggasse, die Ruinenfläche vor Sankt Sebald, eine wenig ansehnliche Lücke vor dem stattlichen Fembo-Haus und Behelfsbauten nahe den Rathäusern bieten einen trostlosen Anblick. Nicht in jedem Falle schon lassen sich Hoffnungsschimmer erkennen wie etwa beim Bratwurst-Röslein, das in absehbarer Zeit aufgebaut werden soll, auch wenn es für den Hausbesitzer aus technischen Gründen recht schwierig ist.

Noch strömender aber empfindet es der Baureferent, daß sich oft weite Strecken von Innenstadt-Straßen in einem recht erbärmlichen Zustand zeigen. Ihm ist vor allem die Südseite der Theresienstraße ein Dorn im Auge, denn dort gibt es erst Ansätze für einen Wiederaufbau. Die meisten Grundstücke sind sofern überhaupt etwas auf ihnen steht, mit Provisorien bepflastert – und das 20 Jahre nach Kriegsende. Dabei vergißt Schmeißner nicht, daß es immer risikoreicher wird. Geschäftshäuser im Zentrum zu bauen, weil der Bedarf an Laden- und Büroräumen gedeckt zu sein scheint.

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