17. November 1966: In diesem Haus funkt‘s

17.11.2016, 07:15 Uhr
17. November 1966: In diesem Haus funkt‘s

© NN

So herzlich und gänzlich unbürokratisch beginnt der vierseitige Leitfaden, den am Samstag, dem 19. November, zwischen 9 und 14 Uhr jeder Nürnberger in die Hand gedrückt bekommt, der den Eingang des großen Post-Grundstücks zwischen Karolinen- und Adlerstraße am Josepsplatz durchschreitet.

Seit 1696 hat hier schon die Post ihr Domizil, zuerst die Kaiserlich Thurn und Taxissche Reichspost, seit 1808 die Königlich-Bayerische Post und seit 1885 das erste öffentliche Telephonamt für Nürnberg-Fürth mit damals 16 Teilnehmern. (Heute sind es 76.000, und weitere 5.500 stehen noch auf der Warteliste.)

17. November 1966: In diesem Haus funkt‘s

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Fast elf Jahre hat zuletzt noch der Umbau des gesamten Gebäudekomplexes gedauert – und rund 13 Millionen DM gekostet; jetzt ist er abgeschlossen und die Post ergreift die Gelegenheit, um ihren vielen zufriedenen und unzufriedenen Kunden die außerordentliche Vielfalt ihres Fernmeldebetriebes zu zeigen.

Der bestimmende Eindruck, den man gestern bei einer mehrstündigen Sonderführung unter der Leitung des Amtsvorstehers, Oberpostrat Dipl.-Ing. Kurt Klimpel, gewann, war der einer fast hundertprozentigen Automatisierung des ganzen Amtes. Das vielberedete „Fräulein vom Amt“ stirbt aus, man muß es heute schon suchen. In absehbarer Zeit werden wohl die letzten Handfernämter verschwinden und durch den Selbstwähl-Ferndienst ersetzt werden. Bis 1968 soll auch in Nürnberg die Ausland-Wahlvermittlung mit den meisten Nachbarländern ausgebaut sein.

Viele Besucher werden sicher erstaunt sein, neben der Fernsprechvermittlung, dem Telegramm-Übermittlungsdienst, der zentralen Fernschreibvermittlung – die Bundesrepublik kommt dabei mit 56.000 Teilnehmern gleich nach den USA mit 80.000 – auch die Überwachung des zweiten und dritten Fernsehprogramms hier zu finden. Die 18 fränkischen Fernsehsender werden von der Karolinenstraße aus ferngesteuert und ein- und ausgeschaltet. Einen besonderen Anziehungspunkt bildet sicher auch das Farbfernsehgerät, das einige fesselnde und vor allem überaus farbige Kurzfilme überträgt.

Man behauptet nicht zu viel, wenn man feststellt, daß auf dieser Führung treppauf und treppab der Stand der modernen Nachrichtentechnik vollkommen überblickt werden kann. Das Fernmeldeamt begnügt sich nicht damit, die Besucher wortlos durch seine Räume zu schleusen – überall sind Schaukästen aufgestellt, historische Photos und Modelle, alle technischen Einrichtungen sind ausführlich erläutert, so daß auch der schlichte Laie auf seine Rechnung kommt.

Bis zum Samstag werden im Hof des Fernmeldeamtes noch etliche technische Fahrzeuge, Übertragungs-, Funkstör-, Sprechfunkwagen aufgestellt sein – die Bundespost ist nebenbei mit 40.000 Wagen der größte Kraftfahrzeughalter Europas – dazu werden noch die Postkapelle und die blasenden Postillione aufgeboten – da kann es am Besuch ja wohl nicht fehlen. Beim ersten Tag der offenen Tür, den die OPD voriges Jahr im Postscheckamt veranstaltet hat, fanden sich 8.300 Neugierige ein. Diesmal, im Fernmeldeamt, rechnet sie noch mit wesentlich mehr.

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