2. Juli 1967: Ein langer Dienstweg

2.7.2017, 09:12 Uhr
2. Juli 1967: Ein langer Dienstweg

© Kammler

Aber noch immer liegen Backsteine und Kartons, Autoreifen und leere Blechdosen auf dem unbebauten Land, das zu allem Unglück noch durch einen halb versandeten Tümpel verunstaltet wird. Die Grundstückseigentümer leben zum Teil in Nürnberg, zum Teil in anderen Ländern.

Was ist nun in diesem Fall zu tun? Es ist einer von rund hundert, mit denen sich Oberinspektor Ludwig Berger, Leiter der Abteilung Ortshygiene beim Städtischen Gesundheitsamt, Jahr für Jahr befassen muß. "Hier liegen die Dinge wirklich nicht einfach", bedauert er, fügt aber gleich hinzu, daß die Schwierigkeiten mit Erbengemeinschaften kaum größer sind als mit Eigentümern, die in Nürnberg wohnen. Als Beweis nennt Oberinspektor Berger einen Prozeß, der sich über zwei Jahre von 1963 bis 1965 hinzog. Dann erst konnte ein verunreinigtes Grundstück endlich gesäubert werden.

Dabei verkennen manche Eigentümer - meist sind es ältere Leute, die nicht mehr bauen wollen, welchen Gewinn sie aus ihren Flächen haben könnten, wenn sie bereit wären, sie als Parkplätze planieren zu lassen und zu vermieten. Viele Firmen wären für derartige Abstellmöglichkeiten dankbar.

Heimlich, still und leise

Meist erfährt die zuständige Behörde von Nachbarn, Passanten oder von der Polizei, daß ein unbebautes Grundstück heimlich, still und leise ein Schuttplatz wurde. Solange die öffentliche Reinlichkeit und Gesundheit nicht beeinträchtigt sind, besteht kein Anlaß, von Amts wegen einzuschreiten. Dies trifft zum Beispiel zu, wenn nur Unkraut und Büsche auf dem Gelände wuchern und Steine darauf verstreut sind. Das unschöne Bild wird nicht nach ästhetischen, sondern nur nach allgemein-interessierenden Normen beurteilt.

Sobald jedoch Unrat abgeladen wurde, macht Oberinspektor Berger die Besitzer darauf aufmerksam und fordert sie auf, den Müll wegzuschaffen. Viele widersprechen und stellen sich auf den Standpunkt, sie hätten das Gerümpel doch nicht hingebracht. Erst wenn Gefahr in Verzug ist, das heißt, wenn sich Ratten und Ungeziefer einnisten, werden Desinfektionen angeordnet. Dann können Eigentümer aufgrund amtsärztlicher Gutachten auch Zwangsmaßnahmen angedroht werden. Die mögliche Weiterung sind Prozesse vor Gericht.

In dem eingangs geschilderten Fall hat sich der beschwerdeführende Nachbar sogar bereit erklärt, bei der Beseitigung der Mißstände mitzuhelfen. Sein guter Wille, eine Zaun auf Kosten der Eigentümer zu ziehen, ist anerkennenswert, aber die Mühen vermutlich vergeblich, weil das Gelände über kurz oder lang in ein Straßenbauprogramm fallen soll. Von Zäunen um die zweckentfremdeten Parzellen hält Oberinspektor Berger ohnehin nicht viel. Die Erfahrung zeigt, daß sie für die Leute, die mit ihrem Unrat nicht zum städtischen Müllplatz fahren mögen, kein Hindernis bilden.

Botschaften wurden eingeschaltet

Noch weit komplizierter ist die Situation für das Vermessungsamt, wenn es bei öffentlich-rechtlichen Bodenordnungsmaßnahmen auf Grundstücke stößt, die weit verstreuten Erbengemeinschaften gehören. Oft stimmen die Grundbucheintragungen nicht mehr, vor allem, wenn es sich um ehemaligen jüdischen Besitz handelt. Dann müssen Verwalter und Erben ausfindig gemacht und vielfach deutsche Botschaften im Ausland eingeschaltet werden.

Hat man auf diesem Weg wenigstens einen Miteigentümer oder Erben gefunden, so bittet man ihn, die Zustimmung der anderen Erben zu dem Umlegungsverfahren oder Verkauf beizubringen. "Meist kommen die Dinge auf diese Weise in Fluß, und die Leute sind oft froh, noch einen Nutzen aus ihrem Besitz ziehen zu können", stellte Obervermessungsdirektor Dr. Seele bisher fest.

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