2. Oktober 1965: "Millionenschwere" Kilometer

2.10.2015, 07:00 Uhr
2. Oktober 1965:

© Gerardi

Hübsche Pläne – das weiß man nirgendwo besser als im Bauhof – lassen sich nur der Reihe nach in die Tat umsetzen. Der "Fluchtweg" aus der mißlichen Verkehrssituation ist heuer über 36 Kilometer lang. Die breite Beckschlagergasse und die neue Hansastraße sind in dieser Zahl ebenso enthalten wie kleine Projekte, die der Nürnberger kaum noch zur Kenntnis nimmt, weil er es gewohnt ist.

Gerade an einem Projekt, das mit dem künftig noch schöneren Nürnberg oft in einem Atemzug genannt wird, kamen die Männer vom Bau in diesem Jahr nur wenig voran: an der Schnellstraße, Brückbaustellen hemmten zwangsläufig den Tatendrang, so daß nur ein Fahrbahnstück in Doos vollendet wurde und die Ein- und Ausfahrtsschleifen an der Stadtgrenze Nürnberg-Fürth entstanden.

Baudirektor Karl Hörber, der Chef des Straßenbauressorts im Tiefbauamt, und Oberbaurat Johann Raab, der Leiter der Neubauabteilung, können zum Ausgleich dafür gleich dutzendweise die Bauvorhaben aufzählen, die zwar nicht so sehr zum Bild der "Traumstadt" gehören, deswegen aber nicht minder wichtig sind. Die Namen der Straßen, Gassen und Plätze füllen ganze Bogen Papier.

2. Oktober 1965:

© Gerardi

Viele der Projekte sind bereits bewältigt worden. Die Nürnberger dürfen die endlich breit gewordene Beckschlagergasse bestaunen. Es gibt jetzt eine großzügig gestaltete Einmündung in den Westtorgraben am Hallertor. Im neuen Gewande präsentieren sich die Stöpselgasse oder die Obere Söldnersgasse. Es entstanden eine zeitgemäße Julius-Loßmann-Straße und Trierer Straße, die im nächsten Jahr zur Münchner Straße verlängert werden soll.

Auf zahlreichen anderen Baustellen werden die Arbeiter in den nächsten Tagen und Wochen die Werkzeuge wieder einpacken. Die Bergstraße zwischen dem Albrecht-Dürer-Platz und dem Tiergärtnertor ist bereits seit gestern nachmittag wieder frei, in zwei Wochen soll es die Hansastraße – ein wichtiges Teilstück im mittleren Ring – sein. Zur gleichen Zeit, so prophezeit Oberbaurat Johann Raab, werde auch der Umbau der Einmündung der Volkmannstraße in die Landgrabenstraße vollendet sein. Der dritte und der vierte Bauabschnitt des Plärrer mit dem Spittlertorgraben und der Einmündung der Ludwigstraße sollen wenig später folgen.

Dagegen gibt es verschiedene Projekte, an denen noch länger gearbeitet werden muß. Erst wenn den Nürnbergern und den Gästen aus aller Welt das Christkindl mit seiner kleinen Budenstadt auf dem Hauptmarkt erscheint, wird der Durchbruch von der Weintraubengasse zum Hauptmarkt über die Waaggasse geschafft und der Umbau der Straße am Rathausplatz abgeschlossen sein.

In diesem Jahr bekommt das „Sorgenkind“ Reichelsdorf-Eibach viel vom Straßenbausegen ab. Das heißt aber nicht, daß andernorts Lücken entstanden wären. Im Gegenteil! Die Buddelei wird an allen Ecken und Enden der Stadt betrieben: im Westen erhält die Adam-Klein-Straße vom Großversandhaus Quelle bis zur Maximilianstraße ein neues Gesicht, im Osten entsteht eine Laufamholzstraße, die mit dem alten, engen Sträßchen nicht mehr gemein hat, und im Norden laufen die Arbeiten an der Marienbergstraße.

Zuweilen aber stehen die Beamten des Bauhofes auch vor unerwarteten Schwierigkeiten. In Kleinreuth h. V. gibt es ein Beispiel dafür. Bei dem Plan, die Äußere Bayreuther und die Bucher Straße zu verbinden, stand ein privates Vorgärtchen in der Kilianstraße im Wege. Es steht heute noch dort, halb in die neue Straße hineinragend.

Aber nicht nur der Umbau, auch der Neubau der Straßen spielte eine ebenbürtige Rolle. Zahlreiche Erschließungsstraßen – etwa um den Bierweg im Norden oder in Langwasser im Süden – standen auf dem Programm dieser Bausaison. Dementsprechend umfangreich ist auch die Liste der Namen. Eine kleine Kostprobe: Streitberger Straße, Schlegelstraße oder Hardenbergstraße, Striegauer oder Glatzer Straße.

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