20. April 1966: Zeltdorf am Stadtrand

20.4.2016, 07:00 Uhr
20. April 1966: Zeltdorf am Stadtrand

© Ulrich

Der „Millionen-Platz“ zwischen dem ehemaligen Stadioncafé und der großen Straße am Langwassergraben soll die modernste Anlage in Nordbayern werden und eine führende Rolle als Durchgangsplatz für die Nomaden der Neuzeit einnehmen.

Dieses Privileg der Zukunft läßt sich die Stadt eine Menge Geld kosten: 1.016.000 DM für den Bau und rund 60.000 DM jährlich Zuschuß. Die Urlauber mit Zelt und Wohnwagen, die in Nürnberg lange genug ungastlich beherbergt worden waren, wissen die Großzügigkeit der Stadtväter sicher zu würdigen. Voraussichtlich im Mai öffnet der Campingplatz seine Pforten, obwohl bis zu diesem Termin noch nicht alle notwendigen Arbeiten abgeschlossen sind. Für die ersten Zugvögel aber ist genügend Rasenfläche vorhanden. Die „Heringe“ können eingeschlagen werden, die Suppen in den Töpfen dampfen.

Zwischen Wasser und Bäumen

Gegenwärtig dampfen noch die Teerkessel auf dem rund 28.000 Quadratmeter großen Areal: die 460 Meter langen Straßen und Wege erhalten eine schwarze Decke, die später einmal verhindern soll, daß inmitten dieser grünen Lunge zuviel Staub aufgewirbelt wird. Denn die Stadt ist stolz auf den Campingplatz zwischen Wasser und Bäumen. Oberbaudirektor Otto-Peter Görl: „Das Zeltdorf wird eine landschaftlich schöne und außerdem gesunde Lage haben.“ Es ist nicht weit weg vom Stadionbad, vom Dutzendteich, vom Luitpoldhain und von der Meistersingerhalle, mit der Nürnberg bei den Zeltwanderern Staat machen kann.

Den vielen erholungssuchenden Menschen, die alljährlich aus vieler Herren Länder wieder kommen und auf der grünen Wiese ein vorübergehendes Zuhause finden werden, erwarten damit viele Annehmlichkeiten. Wie in früheren Jahren, als der alte Platz noch zur Verfügung stand, bedarf es nur wenige Schritte, dann können sich auch die Gäste auf dem neuen Gelände in den kühlen Fluten des Stadionbades erfrischen. Die nächste Umgebung lädt zu Spaziergängen ein, der Stadtkern liegt nicht allzu fern und ist auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln schnell zu erreichen.

23 Zentner Grassamen…

Die Kapazitäten der Zeltplatzes (200 Zelte oder Wohnwagen) wird nach Ansicht des Sportamtes ausreichen. Zumindest im ersten Jahr, in dem die neue Anlage noch nicht in aller Campingmunde ist. Diese Unwissenheit soll jedoch so schnell als möglich behoben werden. Im Campingführer 1966 ist der Platz hinter dem Stadion schon angepriesen. „Und die Qualität wird für sich sprechen“, glaubt Georg Beil, Leiter des städtischen Sportamtes, optimistisch. Er meint sogar, daß die bloße Nutzfläche 1967 nicht mehr ausreicht und der Campingplatz im Südosten erweitert werden muß. „Platz dafür ist vorhanden. Wir können die Einfriedung verschieben.“

Aber diese Möglichkeiten liegen vorerst in der Zukunft. Die Gegenwart zwischen Stadioncafé und Langwassergraben sieht realistischer aus: Handwerker und städtische Arbeiter legen letzte Hand an am Reich der Campingfreunde. Besonders eilig haben es die Männer des Gartenbauamtes, die insgesamt 23 Zentner Grassamen auswerfen. Die Hälfte hat sich zwar schon in junges Grün verwandelt, aber: „Der Rest muß schleunigst in die Erde, damit auch er noch rechtzeitig Wurzeln schlägt.“

Sämtliche Arbeiten werden bis spätestens Mitte Mai abgeschlossen sein, denn dann kommt der erste Gästestrom aus dem Norden. Er wird von der Autobahn auch zum Stadiongelände fließen, weil zahlreiche Schilder an Brennpunkten des Verkehrs angebracht, auf den hübsch angelegten und modern ausgestatteten Campingplatz hinweisen; auf den Campingplatz, der nicht nur Übernachtung für zwei DM (eine Person und ein Zelt) bietet, sondern gleichzeitig Unterhaltung in einem Restaurant mit freundlicher Terrasse.

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