20. Mai 1965: Bombensicher für einige Wochen

20.5.2015, 07:00 Uhr
20. Mai 1965: Bombensicher für einige Wochen

© Gerardi

Dann besitzt Nürnberg den ersten und vorerst auch einzigen vollausgebauten Bunker. Die übrigen im Stadtgebiet verstreuten zehn Tiefbunker und 16 Hochbunker – dazu zählen auch die dicken, runden Türme in der Stadtmauer – werden zunächst mit weit geringerem Aufwand „aufnahmebereit“ gemacht. Der Bund, der den Bunkern neuen Glanz verleiht und sie dann der Stadt zum Unterhalt übergibt, änderte nämlich in diesem Jahr seine Planungen. Anstatt gleich an den zwar zeitraubenden und auch kostspieligen vollen Ausbau der alten Luftschutzbauten heranzugehen, sollen jetzt möglichst viele dieser Objekte rasch für einen kurzen Aufenthalt von höchstens vier Stunden hergerichtet und erst später so ausgebaut werden, wie zur Zeit der Katharinenbunker. Er erhält noch eine Einrichtung, die ein Leben „unter Tage“ bis zu drei Wochen erlaubt.

20. Mai 1965: Bombensicher für einige Wochen

© Gerardi

Vorerst rattern in den staubigen Räumen die Preßlufthämmer. Es entstehen neue Durchlässe und breitere Schleusen, die Wände erhalten die vom Bundeswohnungsbauministerium vorgeschriebene Stärke. Nebenan gähnt ein von der Straße aus sichtbares großes Loch für den künftigen Maschinenraum. Zur Aufrüstung des Katharinenbunkers gehört alles, was Menschen für einen dreiwöchigen Aufenthalt benötigen: Anlagen für die Be- und Entlüftung der Räume zur Abwasserbeseitigung und zur Stromversorgung. Durch einen neugebohrten Brunnen wird der Bunker vom Städtischen Trinkwassernetz unabhängig. Vorrats-, Aufenthalts-, Schlaf- und Sanitätsräume sind selbstverständlich.

Bunker unter dem Hauptmarkt

Inzwischen sind in Nürnberg auch die Instandsetzungsarbeiten an den anderen, im zweiten Weltkrieg übriggebliebenen Schutzbauten weitergegangen. Der Spittlertorturm als Hochbunker und der Tiefbunker unter dem Obstmarkt wurden „aufnahmebereit“ gemacht, so daß sich im Ernstfall die Menschen bis zu vier Stunden darin aufhalten können. Die Arbeiten am Färbertorbunker (Hoch- und Tiefbunker) sowie am Wodanbunker laufen zur Zeit. Außerdem stehen in Nürnberg noch 30 Felsenkeller als Schutzräume für die Zivilbevölkerung zur Verfügung. Sie ziehen sich – teilweise drei- und viergeschossig – von der Bucher Straße bis zum Rathenauplatz unter der Sebalder Stadtseite hin. Ihre Fläche mißt 30.000 Quadratmeter. Die Keller, die oft miteinander verbunden sind, mußten erst neu aufgemessen werden, weil keine Pläne mehr vorhanden waren. Ob sie allerdings als öffentliche Schutzräume verwendet werden, hängt noch vom Ausgang der Verhandlungen mit dem Bund ab.

Bei der Bestandsaufnahme in Nürnberg wurden auch 65 Spittlerschutzgräben registriert. Sie sind noch so gut erhalten, daß sie – nach einigen Umbauten – ebenfalls dem zivilen Bevölkerungsschutz dienen könnten. Sie liegen meist an der Peripherie der Stadt.

Ergänzt wird der Bestand an öffentlichen Schutzräumen durch einen Neubau, der durch private Initiative am Kornmarkt entsteht und mehreren Zwecken dient. Die erste Anlage dieser Art in Bayern dient normalerweise als Großgarage und hilft mit, die Parkraumnot in der Innenstadt zu lindern. Sie kann aber im Ernstfall auch rund 2.000 Menschen Schutz bieten.

Gesunde Hoffnung

Dennoch: die Nürnberger hoffen, daß die in den Bunkerbau gesteckten Mittel umsonst ausgegeben wurden. Das ist nämlich immer noch billiger, als wenn eines Tages die Bunker benutzt werden müßten. Die Stadt denkt allerdings zunächst an eine Benutzung auf andere Art.

Weil sie für ihren Unterhalt sorgen muß, möchte sie die instandgesetzten öffentlichen Schutzbauten nicht leer stehen lassen. Jugendschutzverbände oder Organisationen, die im Dienst des zivilen Bevölkerungsschutzes stehen, sollen darin Unterschlupf finden und den besten Unterhalt gewährleisten.

Weil Wilhelm Busch schon schrieb, daß Musik wegen des damit verbundenen Geräusches oft als störend empfunden wird, bietet sich hier nach Meinung der Stadt auch der richtige Schutz für Jazz-Anhänger; in diesem Falle vor aufgebrachten Nachbarn.

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