21-Jähriger baute Trockeneisbombe bei Rock im Park

16.2.2017, 05:27 Uhr
21-Jähriger baute Trockeneisbombe bei Rock im Park

© Eike Schamburek

Wenn Tim (Name geändert) heute an Rock im Park zurückdenkt, hat er ein schlechtes Gewissen. Damals, Anfang Juni vergangenen Jahres, besuchte der Kfz-Mechatroniker, der gerade die Meisterschule besucht, zusammen mit seiner Clique Rock im Park.

Es war Samstagmittag, der Gruppe aus Schwaben war langweilig. "Wir mussten Zeit überbrücken, bis die ersten Bands anfangen", erinnert sich der adrette junge Mann später vor dem Schöffengericht des Amtsgerichts. "Wir hatten nichts zu tun und schauten ein Video bei YouTube", sagt er. Darin zu sehen: eine Trockeneisbombe.

Wasser und Trockeneis landen in einem bestimmten Mischverhältnis in einer Plastikflasche, der Verschluss wird zugedreht, es vergehen ein paar Sekunden. Plötzlich: Bumm. Bei Festivals kommt es immer wieder dazu, dass sich Besucher einen Spaß daraus machen, derartige Sprengkörper zu bauen. Ungefährlich sind sie jedoch nicht.

Auch Tims Gruppe wollte einen solchen Festivalspaß erleben – das Trockeneis hatte man zum Bierkühlen schließlich sowieso schon vor Ort. "Und ich war halt der Depp, der die Bombe gebaut hat", sagt der junge Mann heute vor Gericht. Vorsichtig befüllte er eine Plastikflasche. Anders als im Video aber fing das Gemisch nicht an zu brodeln. Er warf die Flasche über eine Absperrung, hinter der keine Menschen waren – aber nichts passierte. "Ich kenne mich mit Autos aus, aber nicht mit so was", sagt er.

Damals sei er davon ausgegangen, dass er die Bombe falsch gebaut habe und sie deshalb wohl nicht explodieren würde. Sicherheitshalber beobachtete er die Flasche aber weiter. Eine Viertelstunde lang ganz intensiv, dann nur noch ab und zu. Während Tim knapp zwei Stunden später sein Augenmerk auf anderes gerichtet hatte, wurde ein Ordner auf die Flasche aufmerksam. Er hob sie auf – und plötzlich war sie weg. Zwei Tage lang hatte er Schmerzen an der Hand.

Monate später im Gerichtssaal widerspricht sich der 59-Jährige aber immer wieder, wenn er danach gefragt wird, welche Hand denn nun genau geschmerzt hat. "Ich versteh ja, wenn sich junge Leute einen Spaß erlauben", sagt er. Weil Tim aber seiner Meinung nach erst recht spät mit einer Entschuldigung ankam, brachte er die Sache zur Anzeige.

Angeklagter bereut bis heute

Ganz anders sieht das jedoch Tim selbst. Von dem Knall der Explosion habe er nichts mitbekommen. Erst als die Polizei ihn darauf ansprach, verstand er, dass die Trockeneisbombe wohl doch losgegangen war. Sofort habe er alles zugegeben und den Beamten gesagt, dass er sich bei dem Mann entschuldigen wolle – und tat das auch. "Es tut mir leid", sagt er auch vor Gericht noch einmal, "ich wollte nie einen Menschen verletzen." Das Opfer nimmt die Entschuldigung an.

Die Staatsanwaltschaft fordert für den jungen Mann, der nach der Meisterschule den Betrieb seines Vaters übernehmen möchte, ein Jahr und zwei Monate auf Bewährung. Seine Verteidigerin hingegen hält das für völlig überzogen. Sie weißt darauf hin, dass eine derartige Verurteilung einen jungen Mann, der sich zuvor nie etwas zu Schulden hat kommen lassen, die Zukunft verbauen könnte.

Vom Schöffengericht wird Tim zu 150 Tagessätzen zu je 20 Euro (insgesamt 3000 Euro) verurteilt. Mit mehr als 90 Tagessätzen gilt er als vorbestraft – und könnte Probleme bekommen, wenn er für eine Bewerbung als Kfz-Meister ein Führungszeugnis vorlegen muss. "Es müssen mehr als 90 Tagessätze sein, weil es über einen dummen Jungenstreich hinausgeht", so die Vorsitzende Helga Kastner. Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig.

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