25. Februar 1966: Protest aus Nürnberg

25.2.2016, 07:00 Uhr
25. Februar 1966: Protest aus Nürnberg

© Kammler

Der Unmut von etwa 40 Protestteilnehmern richtete sich gegen den "bösen" Nachbarn, der – wegen der "ständigen Lärmbelästigung" die Schließung des Hortes durch Gerichtsurteil erreichen will. "Wir können nicht glauben, daß Menschen so unmenschlich sein können", bedauerte Erich Freiherr von Loeffelholz (MdL), der als 2. Landesvorsitzender eine an den Bundestag und die Länderparlamente gerichtete Resolution verlas.

Darin wird der Gesetzgeber aufgefordert, das Spiel von Kindern in Wohngebieten ausdrücklich zu genehmigen. Bei einer Besichtigung des Kindergartens verteilte der Landtagsabgeordnete demonstrativ Orangen und leckere Süßigkeiten an die 40 Bambini und ihre deutschen Spielkameraden. "Wenn wir Gastarbeiter holen", so sagte Freiherr von Loeffelholz weiter, "müssen wir auch für ihre Kinder sogen." Es gehe nicht an, die Kleinen an den Stadtrand zu "verpflanzen". Die Menschen müßten bereit sein, zusammen zu leben und nicht nur an ihr leibliches Wohl zu denken.

"Es ist unsere Pflicht, den Eltern bei der Erziehung ihrer Kinder zu helfen", meinte Caritasdirektor Pfarrer Hermann Bauer, der auf die Notwendigkeit des Kindergartens in der Isoldenstraße hinwies. Auf den Zwischenruf – "Hier haben 28 Anlieger unterschrieben, daß er stört2 – räumte er ein, daß das Kindergeschrei "nicht immer angenehm ist".

Wenn aber das Nürnberger Beispiel Schule mache, dann würden sich schwerwiegende Konsequenzen für alle Kindergärten in Wohngebieten ergeben. "Vertreiben sie nicht unsere eigenen Kinder und die der Gastarbeiter", mahnte der Leiter des Gesundheitsamtes, Dr. Eduard David. Der Kreisvorsitzende des "Bundes der Kinderreichen" verlangte, daß Kindergärten in Wohnsiedlungen errichtet werden. "Dafür werden wir notfalls kämpfen."

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