25. November 1966: Sture Kunden im Weg

25.11.2016, 07:00 Uhr
25. November 1966: Sture Kunden im Weg

© Eißner

Die BRK-Helfer vertrauen in solch brenzligen Situationen ihrem Blaulicht und Sondersignal. Wenn es gar nicht anders geht, überholen sie auch einmal rechts oder pretschen über die Gleise der Straßenbahn. Die Männer in der Rot-Kreuz-Zentrale an der Nunnenbeckstraße können ein Lied davon singen, welche Schwierigkeiten ihnen buchstäblich in den Weg gelegt werden.

25. November 1966: Sture Kunden im Weg

© Eißner

Eilige Krankheitstransporte in den frühen Abendstunden – das ist ein erbarmungsloses Rennen gegen den Uhrzeiger. Jede Sekunde ist kostbar, denn sie kann über Leben oder Tod entscheiden. Zwölf Wagen sind ständig einsatzbereit. Sie fahren etwa 150 Patienten am Tag und bringen es im Durchschnitt auf 40.000 bis 50.000 Kilometer im Jahr. Und das meist im Stadtverkehr!

„Samstags und sonntags ist es bei uns ruhiger“, meint Karl Schiller gelassen. „Aber in der Woche ist es dafür um so turbulenter.“ Den Plärrer meiden seine Fahrer wie die Pest. „Um 17 Uhr ist da kaum etwas zu machen“, stöhnen Willi Geiger und Erich Erlinger. Früher sind sie in brandeiligen Fällen über die Gleise gefahren, aber jetzt läßt sich ein solcher Haken nicht mehr einschlagen: die mit Schotter gefüllten Gleise der Straßenbahn machen`s nicht möglich.

Die gleichen Hindernisse türmen sich am Marientorgraben, in der Denner- und Ludwigstraße auf. Die Sanitäter meiden deshalb das Marientor, so oft sie können. Aber manchmal kommen sie auch auf ihren Schleichwegen nicht weiter. Dann sitzen sie in der Klemme. Als ideal bezeichnen sie die Lösung, die die Straßenbauer in der Allersberger Straße gefunden haben. „Dort können die anderen Kraftfahrer nicht auf die Schienen“, freut sich Hans Gunkler, „weil dort die Gleise gepflastert und durch kleine Bordsteine abgesichert sind. Wir fahren da drüber!“

Trotz Blaulicht und Sondersignal ärgern sich die BRK-Fahrer mitunter grün und schwarz. „Es gibt viele sture Kunden“, meinen sie übereinstimmend. Nach ihren Erfahrungen passen fünfzig Prozent aller Kraftfahrer nicht auf: sie haben das Fenster zugedreht und lassen das Radio laut spielen, so daß sie das „Angstgeschrei“ der Sanitätsfahrzeuge nicht hören. Die andere Hälfte der PS-Gesellen reagiert falsch. „Sie macht gerade das Gegenteil von dem, was wir wollen“, stöhnt ein BRK-Helfer. „Der eine fährt links, der andere rechts. Andere bleiben verängstigt in Kurven stehen oder riegeln eine Kreuzung hermetisch ab. Es ist schon ein Kreuz...“

Mit dem Blaulicht gehen die Sanitäter sehr sparsam um. Meist teilt ihnen die Polizei mit, ob sie es einschalten sollen. Je weniger sie davon Gebrauch machen, um so mehr wird es von den Autofahrern respektiert. „Es hat keinen Sinn“, so sagen die gasgebenden BRK-Helfer, „wenn wir blasen und blasen und niemand bleibt stehen“.

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