26. Juni 1965: Spielerische Eleganz

26.6.2015, 07:00 Uhr
26. Juni 1965: Spielerische Eleganz

© Gerardi

Trotz eines verhältnismäßig kleinen Zeltes – es faßt etwa 3000 Leute –, trotz brütender Hitze am Nachmittag, gelang es den Künstlern in der Manege, echte Zirkusatmosphäre zu schaffen, gemischt aus Präzision und Leichtigkeit, beschwingt und doch voller Gefahren und Spannungsmomente. Hagenbeck ist berühmt für seine Tierdressuren.

Das Besondere an ihnen ist, daß Stock und Peitsche kaum in Erscheinung treten. Alles läuft elegant, fast spielerisch. Man spürt hier arbeitet man mit den Tieren und nicht gegen sie. Selbst der tückische Kragenbär läßt sich vom Dompteur huckepack nehmen, und ein riesiges Ungetüm von Braunbär sucht quasi freundlich lächelnd, die Illustrierte unter den „Arm“ geklemmt, ein angedeutetes „Häuschen“ auf.

Elefanten werden zu ausgewogenen Equilibristen und spielen mit kleinen Ponys Ringelreihn; Seelöwen blasen „O mein Papa“ auf fest montierten Trompeten verschiedener Tonhöhe; Kamel, Dromedar, Zebu, Büffel, Zebra, Guanco, Pferd und Elefanten treten in einer gemeinsamen Dressurnummer auf und lassen sich von einem munteren Lama überspringen, ohne Angst voreinander. Dompteur Sigfried Wiesner legt seinen Arm vertrauensvoll in den Rachen des Tigers „Bengal“, den er selbst mit der Flasche großgezogen hat, und schließlich auch seinen Kopf; vielleicht beginnt man hier zu ahnen, welch ein Unmaß an Arbeit an ein Tier gewendet werden muß, bevor eine Nummer „sitzt“.

Neben den Dressuren, die das Bild bestimmen, treten Harlekine auf, gibt es hervorragende Artistiknummern – zwei „Flieger“ wechseln gleichzeitig vom Fänger zum Trapez und umgekehrt –, gibt es Balanceakte, denen man die große Klasse anmerkt auch ohne Fachmann zu sein –, man erlebt guten, gekonnten Zirkus mit seinem ganzen Zauber.

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