26. Juni 1967: „Hülle“ für die Beatles

26.6.2017, 07:00 Uhr
26. Juni 1967: „Hülle“ für die Beatles

© Ulrich

Das städtische Badeamt hat angeordnet, daß Beatle-Typen unbedingt Bademützen tragen müssen, wenn sie sich in die kühlen Fluten stürzen wollen. Wer dieses Verbot mißachtet, darf auf keine Ausnahmegenehmigung hoffen: Freibad-West, Stadion-, Naturgarten- und auch das private Lindebad achten streng auf die Einhaltung der Bestimmung. Sollte trotzdem ein Besucher mit wallendem Haar über den Beckenrand springen, so muß er darauf gefaßt sein, daß ihm unter Umständen die Tür gezeigt wird.

26. Juni 1967: „Hülle“ für die Beatles

© Ulrich

„Die Verschmutzung des Wassers wäre sonst katastrophal“, betont Badeamtsleiter Hanns Dürschner. Seine Bademeister haben sowieso genug Ärger, der sich meist an verstopften Filtern vor der Umwälzanlage entlädt … Die „Lex Bademütze“ ist ein Vorgriff auf eine noch ausstehende Genehmigung durch die Regierung in Ansbach. Die aus dem Jahre 1957 stammende Badesatzung sah nur einen Passus vor, nachdem sich „Frauen und Mädchen einer Bademütze bedienen“ müssen.

Die vom Stadtrat bereits beschlossene Änderung dehnt diesen Personenkreis ganz allgemein auf „weibliche und männliche Badegäste mit längeren Haaren“ aus. Eine genaue Angabe in Zentimetern ist bewußt unterblieben. „Das wäre zu heikel“, gesteht Oberrechtsrat Dr. Hans Paul Kreßel. „Die Entscheidung liegt allein beim Aufsichtspersonal“.

Bis das regierungsamtliche Plazet für die modifizierte Badesatzung in etwa vier Wochen eintrifft, kann noch nicht mit Plakaten auf die neue Bestimmung hingewiesen werden. Trotzdem hält es der städtische Oberrechtsrat für möglich, daß schon jetzt die Anordnung befolgt werden muß. „Was für Frauen gilt, gilt auch für Männer“, versichert Dr. Kreßel. „Die allgemeine Klausel in der Badesatzung, daß dem Aufsichtspersonal Folge zu leisten ist, bietet ebenfalls eine Handhabe.“

Die meisten Badeleiter loben die langmähnigen Jugendlichen, die ohne aufzumucken sich eine Bademütze leihen, wenn sie von den Liegewiesen in die Schwimmbecken wechseln. „Es hat sich noch niemand geweigert“, sagt der 1. Schwimm-Meister des Naturgartenbades, Rudolf Endres. Trotzdem ist er nicht ganz zufrieden. „Nur ein geringer Teil der Badegäste braust sich ab“, gesteht er. „Dadurch gelangt eine große Menge Sonnenöl und Haarspray ins Wasser.“ nach seiner Auffassung könnten die Becken wesentlich länger sauber bleiben, „wenn die Leute nicht so bequem wären und gleich kopfüber ins kühle Nass springen“ würden.

„Warum soll ich keine Bademütze tragen, wenn ich schon lange Haare habe“, fragt gelassen der 15jährige Schüler Albert Loos, der seinen Blondschopf unter einer weißen Gummihülle verschwinden läßt. Der gleichen Ansicht ist auch der 17jährige Hans Kerner. Allerdings hat er bisher nichts von der Vorschrift gewußt. „das ist mir völlig neu“, gesteht er. Als er sich für 60 Pfennig eine Mütze leiht und seine Lockenpracht „einwickelt“, zeigen sich erhebliche Schwierigkeiten: er schafft es nicht auf Anhieb.

Nicht nur für langmähnige Wasserratten, sondern generell für Männer und Frauen empfiehlt Schwimm-Meister Georg Lang vom Stadionbad haarschützende Hüllen. „Die Männer benutzen heute fast mehr Fett und Öl als die Damen“, stellt er fest. „Und Haare verliert jeder im Wasser.“ Der Schwimm-Meister empfiehlt jedem, einmal einen Blick auf die Filteranlage zu werfen. „Da kann man stundenlang schrubben, bis sie wieder sauber ist“, betont er und fordert kompromißlos Bademützen für beide Geschlechter. Was die holde Weiblichkeit wohl dazu meint ?

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