27. Mai 1966: Pfingstgeschenk für Autofahrer

27.5.2016, 07:00 Uhr
27. Mai 1966: Pfingstgeschenk für Autofahrer

© Gerardi

Unmittelbar südlicher der Brunner Brücke öffnen sich heute nachmittag die Fahrspuren auf der Strecke Berlin-München, auf der gestern noch die großen Baumaschinen ratterten. Das Autobahnbauamt und die Landpolizei möchten mit der Freigabe den Autofahrern, die sich trotz aller Warnungen von der Reisewelle durch das Nadelöhr spülen lassen, die Wartezeit ein wenig verkürzen. Nach dem Fest aber wird die über sechs Kilometer lange Strecke bis zur Abzweigung nach Schwabach wieder geschlossen.

27. Mai 1966: Pfingstgeschenk für Autofahrer

© Gerardi

Zwischen dem Kreuz und der Brunner Brücke sowie entlang dem Frankfurter Abschnitt kurz vor dem Kreuz bleibt jedoch auch über die Feiertage alles dicht. Hier geht es nur einspurig weiter. An guten Ratschlägen, wie die meist nach dem Süden strebenden Urlauber um die neuralgische Stelle im bundesdeutschen Autobahnnetz herumkommen, mangelt es wahrhaftig nicht. Es gelten die gleichen Umleitungen durch das südöstliche Stadtgebiet von Nürnberg wie zu Ostern. Der Deutschen Touring Automobil Club hat außerdem empfohlen, auf der Fahrt von Würzburg spätestens in Eltersdorf abzufahren, um über Fürth und die Bundesstraße 2 bei Schwabach die Autobahn anzusteuern.

Den Reisenden aus Richtung Bayreuth legt der Club die Ausfahrt Hormersdorf ans Herz und rät, sich auf dem ländlichen Schleichpfad über Hersbruck, Gersdorf und Altdorf bei Feucht wieder an die große Verkehrsader heranzupirschen.

Ob alle diese Warnungen helfen? Gestern jedenfalls waren am Nürnberger Kreuz und auf den einspurigen Strecken bereits viele Urlauber zu sehen. Meist kamen sie aus Nordrhein-Westfalen und aus den Benelux-Ländern, mit dem Wohnanhänger hinter der Familienkutsche.

Für alle Fälle fallen heute die Barrieren vor den sechs Kilometern zwischen Brunner Brücke und der Abzweigung nach Schwabach. Auf einer Überleitung südlich der Brunner Brücke können die Kraftfahrer, die der Landeshauptstadt zustreben, auf die bisher gesperrten Spuren überwechseln. Die Fahrbahn ist zum Teil bereits fertig, zumindest aber überall so weit vollendet, daß die Autos – allerdings mit Geschwindigkeitsbegrenzung – darauf fahren können. Auch die verbreiterte Hälfte der Autobahnbrücke an der Hauptausfahrt Nürnberg kann gerade rechtzeitig in Betrieb genommen werden. „Mit letzter Kraft haben wir das geschafft“, stöhnt Baurat Hans Hoch von der Autobahn-Bauleitung in Altdorf. Den unterschiedlichen Bauzustand der Fahrbahnen entschuldigt er mit dem „Sauwetter, das ausgerechnet jetzt dazwischenkommen mußte“.

Gerade wegen der Erleichterung warnt des Autobahnbauamt die Reisenden, sich durch die breite Fahrbahn zum Gasgeben verleiten zu lassen. Auf dem neuen Teil bestehen Deckenunterschiede bis zu zwölf Zentimetern. Außerdem mußten wegen des Baugerätes und der Erdhaufen neben der Autobahn die Fahrspuren – sie sind durch gelbe Kunststoffkappen kenntlich – schmäler abgesteckt werden. Die zweispurige Fahrbahn ist statt des herkömmlichen Autobahnmaßes von 7,50 Meter nur 6,50 Meter breit!



Während die Südhälfte, die nach den Feiertagen wieder gesperrt wird, in absehbarer Zeit auch endgültig freigegeben werden kann, dauern die Arbeiten zwischen der Brunner Brücke und dem Nürnberger Kreuz voraussichtlich noch länger. „Wir haben uns zwar bemüht, die Autobahn bis zum Kreuz freizubekommen, aber in der Höhe von Brunn war Fels im Weg“, erklärte Baurat Hans Koch. Bis zum 25. Juni, dem Termin des Bundesverkehrsministeriums, an dem wegen der beginnenden Urlaubssaison alle Autobahnen wieder vierspurig befahrbar sein müssen, soll das Nürnberger Nadelöhr zumindest an der Autobahn Berlin-München verschwunden sein.

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