3. Dezember 1965: Ein eigenes Reich für 758 Autos

3.12.2015, 07:00 Uhr
3. Dezember 1965: Ein eigenes Reich für 758 Autos

© Gerardi

Der private Beitrag zur Linderung des Parkplatzmangels kam gerade rechtzeitig zu den verkaufsoffenen Samstagen vor Weihnachten und zum Christkindlesmarkt, zu denen viele auswärtige Kraftfahrer in die Stadt kommen. Zahlreiche Gäste – unter ihnen Bürgermeister Franz Haas und Jakob Steekelenburg vom Einzelhandelsverband – erschienen, als sich am Parkhaus an der Augustinerstraße die Tore öffneten. Sie liegen zwar jetzt noch provisorisch an der Karlstraße. In 14 Tagen werden jedoch die Autos über die Schustergasse, an der sich auch die Ausfahrt befindet, in das mächtige Gebäude auf die 15 Parkdecks rollen.

Daß zunächst nur 358 Plätze zur Verfügung stehen, ist eine Folge des frühen Frostes. Er verhinderte, daß in allen Geschossen der Fahrbahnbelag aufgetragen werden konnte. Die technischen Anlagen – Einrichtungen für den Feuerschutz, Be- und Entlüftung, Tanksäulen – funktionieren bereits. Noch vor Weihnachten wurden drei moderne Pflegehallen fertig. Den Imbißraum, der vom angeschlossenen Hotel mit 26 Fremdenbetten aus bewirtschaftet wird, weihten die Besucher ein.

Im Frühjahr wird das Haus, durch das Rechtsanwalt Klaus Kristandt von der Parkhausgesellschaften und Architekt Hans Dumbsky führten, sein endgültiges Aussehen bekommen: eine Verkleidung aus Worzeldorfer Quarzit und Kupfer auf der Beton-Dachschräge. Ein Wermutstropfen fällt allerdings in den Freudenbecher. An der Schustergasse steht ein Gebäude mitten im Weg. Mit diesem Umstand müssen sich die Autofahrer – sie zahlen für zwei Stunden Parkzeit 70 Pfennig – einstweilen abfinden, denn die Kaufverhandlungen – so berichtete Bürgermeister Franz Haas mit ärgerlicher Miene – scheiterten bisher an den finanziellen Forderungen des Eigentümers.

Als ob die Autofahrer geradezu auf das erste Parkhaus im Süden der Stadt gewartet hätten, gab es am Donnerstagvormittag gleich einen mächtigen Zustrom auf die 400 Plätze in den sechs Geschossen des Parkhauses Merkur an der Landgrabenstraße, das über eine Brücke mit dem 2. Stock des Kaufhauses verbunden ist. Viele der neuen Kunden nutzten auch gleich die Service-Einrichtungen im Erdgeschoß, die halbautomatische Fließband-Waschanlage und die Tankstelle mit dem billigen Merkur-Markenbenzin. Das Parkhaus wird sich nicht nur für das Warenhaus Merkur – es besteht nächstes Jahr genau 40 Jahre und ist nach zweimaliger Erweiterung auf jeweils den doppelten Umfang mit 16 000 Quadratmeter Verkaufsfläche noch immer das größte der 50 Warenhäuser der Helmut-Horten-GmbH – günstig auswirken, sondern für die ganze geschäfts- und verkehrsreiche Südstadt. Die Parkgebühr für die ersten zwei Stunden von 1,50 DM wird bei Einkäufen im Merkur-Haus voll angerechnet.

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