3. Februar 1966: Kirchenbesichtigung – kostenlos

3.2.2016, 07:00 Uhr
3. Februar 1966: Kirchenbesichtigung – kostenlos

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An der „Geste des Zahlens an der Pforte“ war so lange festgehalten worden, weil alljährlich große Beträge für Arbeiten an den gotischen Gotteshäusern nötig sind. Vor genau zwei Jahren schon hatte der erste Pfarrer von St. Lorenz, Johannes Viebig, einen Vorstoß mit dem Ziel unternommen, das Eintrittsgeld abzuschaffen. Sein Sebalder Kollege, Pfarrer Paul Barth, unterstützte ihn jedoch nicht, weil er keine Chance erblickte, von anderen kirchlichen Stellen das Geld ersetzt zu bekommen, das in der großen Menge von kleinen 30-Pfenning-Gaben einen stattlichen Betrag ausmacht. Dekan Kirchenrat Fritz Kelber hatte seinerseits auch klipp und klar erklärt, daß die Last nicht von der Gesamtkirchenverwaltung übernommen werden könne, obwohl auch er sich gegen den „leidigen Obolus“ aussprach.

Aus solchen finanziellen Überlegungen wurde dann im Jahre 1964 das Thema „Eintrittsgelder“ wieder von der Tagesordnung gestrichen, zumal sich Pfarrer Viebig in einer Gemeindeversammlung mit seinem Standpunkt nicht hatte durchsetzen können. Er scheiterte an der Frage, woher künftig die 30 000 Mark kommen sollen, die alljährlich von mehr als 100.000 Besuchern der Lorenzkirche gelassen werden. In St. Sebald standen 22.000 Mark auf dem Spiel. Auf diese großen Beträge wollten die Gemeinden um so weniger verzichten als an ihren Kirchen entweder immer noch etwas wiederhergestellt oder aber ausgebessert werden muß.

In zähen Verhandlungen ist es inzwischen gelungen, die Gesamtkirchenverwaltung davon zu überzeugen, daß das Eintrittsgeld keineswegs einen Normalfall, sondern einen Notstand darstellt. Pfarrer Viebig durfte dabei häufig an den Ausspruch eines norddeutschen Gastes erinnern, der ihm einmal auf die Frage, wie die Kirche für sich „werben“ könne, rundheraus erklärt hatte: „Schaffen Sie das Eintrittsgeld ab. Das ist die beste Werbung!“

Er stimmte auch mit dem evangelischen Landeskirchenrat in Bayern überein, der die Lorenzer schon früher einmal hatte wissen lassen, er halte das Entgelt für „eine mit dem Wesen des Gotteshauses unvereinbare Maßnahme“. Derselbe Landeskirchenrat hatte sich jedoch recht knauserig gezeigt, als er um Geld für den Ausfall angegangen wurde.

Diesen Debatten und diesem Tauziehen hat nun die Gesamtkirchenverwaltung ein Ende gesetzt. Sie ist bereit, für die Restaurationsarbeiten von St. Lorenz und St. Sebald eine entsprechende Summe in ihren Etat einzuplanen. „Viele Leute sind dankbar und freuen sich, daß die Kirche jetzt allen kostenlos offen steht“, frohlockt Pfarrer Viebig.

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