3. März 1965: Prinz Karneval ging im Schneetreiben unter

3.3.2015, 07:00 Uhr
3. März 1965: Prinz Karneval ging im Schneetreiben unter

© Gerardi

Dabei waren sich alle einig, daß die närrische Zeit selten so lustig gewesen war und die Nürnberger mitgegangen sind wie noch nie. Das traditionelle Faschingstreiben in den Straßen wurde diesmal von einem Schneetreiben verhindert. Der Kehraus fand im Saale statt.

Die Helden waren ein wenig müde, als sie gestern früh um elf Uhr im Heilig-Geist-Spital zum offiziellen Abschied von den Stadtoberen zusammenfanden. Auch Oberbürgermeister Dr. Urschlechter hing an seinem 46. Geburtstag der Bühnenball noch in den Knochen. Das alles freilich sollte dem Gaudium der Männer mit dem Narrenhut und der Zepterschwinger von Amts wegen keinen Abbruch tun. Man war galant und machte sich Komplimente – vor allem wenn man Dr. Andreas Urschlechter und Mia II. hieß.

3. März 1965: Prinz Karneval ging im Schneetreiben unter

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Bei einem zünftigen Katerfrühstück mit „blauen Zipfeln“ wurde noch einmal die Erinnerung an die zurückliegenden Ereignisse wach. Festausschußpräsident Willy Kröll stand da mit stolzgeschwellter Brust, um von einem Faschingszug zu berichten, auf den Nürnberg lange Jahre gewartet hat. Da war sogar der Frau eines städtischen Oberamtmannes ein Porzellanzahn von einem herumfliegenden Bonbon ausgeschlagen worden. Der Beamte hatte sich prompt beschwert, wie von vornherein anzunehmen war.

3. März 1965: Prinz Karneval ging im Schneetreiben unter

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Prinz Oskar I. hätte den guten Schluß seiner Regentschaft um ein Haar nicht mehr miterlebt, denn er war in der Nacht vorher wegen einer vermeintlichen Blinddarmentzündung in das Krankenhaus gebracht worden. Als er sich aber fast schon unter dem Messer sah, löste sich die ganze Geschichte in Wohlgefallen auf.

Kröll bedankte sich beim „faschingsfreudigen Oberbürgermeister“ und den Stadträten für das Verständnis, das der Festausschuß und die Gesellschaften gefunden haben, denn ganz ohne städtische Gelder geht die Chose nicht. Ein letzter Ordenssegen ergoß sich über die Würdenträger von Verwaltung und Stadtrat, die – na und – obendrein mit einem Kuß der Prinzessin Mia bedacht wurden. Sie brachte es damit auf die stattliche Zahl von 247 Küssen in aller Öffentlichkeit, während Prinz Oskar mit 241 nicht ganz auf seine Rechnung gekommen ist.

3. März 1965: Prinz Karneval ging im Schneetreiben unter

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Aber Weh und Ach, dann war es soweit. Die Tollitäten gaben den Stadtschlüssel an Oberbürgermeister Dr. Urschlechter zurück, der sogleich der fröhlichen Zeit einige bittere Tränen nachweinte. Der „sehr verehrten, lieben Prinzessin“ und dem Prinzen bestätigte Dr. Urschlechter: „Ihr wart ein bezauberndes Paar!“ Beide hätten zwar wenige Worte gemacht, aber bei ihrem Auftreten durch den Charme beeindruckt. Für das Stadtoberhaupt schloß sich an diesem Tag der Faschingsreigen auf eigentümliche Art. Am Anfang der närrischen Zeit hatte der „General der Prinzengarde“ Geburtstag gefeiert, heute war er selbst an der Reihe.

Der Schatzmeister des Festausschusses, Rolf Sperl, dachte schon ein Jahr weiter, als er dem Oberbürgermeister einen symbolischen Kupferpfennig als Einlage für den kommenden Faschingszug übergab. Mit einem der beiden Teller, die den Tollitäten als Erinnerung an ihr Gastspiel im öffentlichen Leben von der Stadt überreicht worden waren, ging daraufhin Trichter-Präsident Herbert Hisel sammeln. Er brachte es auf den stattliche Betrag von 155,61 DM (Höchsteinlage 100 DM), meinte aber doch, „dann laß' mer den nächsten Faschingszug lieber ausfall'n.“ Prinz Karneval war damit schon beerdigt, noch ehe die Nürnberger Tollitäten den Fürther Faschingszug bereicherten. Die Narren zogen beschenkt und bedankt von dannen, ihr Volk jedoch dachte gar nicht daran, vor Mitternacht schon die Segel zu streichen. Allerdings war das Wetter diesmal nicht dazu angetan, im Freien die berühmten Ausbrüche fränkischer Fröhlichkeit zu zeigen. Büros, Gastwirtschaften und Wohnungen wurden zu den Stätten, in denen geschwoft, getrunken und manchmal sogar geküßt wurde.

Wie groß auch der Kater heute sein mag, ein jeder muß erkennen: Prinz Karneval ist tot, es lebe die Starkbierzeit.

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