3. November 1967: Vielstimmiges Lob aus aller Welt

3.11.2017, 07:00 Uhr
3. November 1967: Vielstimmiges Lob aus aller Welt

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Ausländische Besucher aus West und Ost, ehemalige jüdische Mitbürger, die während des NS-Regimes vertrieben wurden, frühere Kriegsgefangene und nicht zuletzt die in aller Herren Ländern verstreuten Nürnberger vereinen sich zu einem Chor, der die "Pöiterlesboum" und ihre Stadt lobt. Wie sie Nürnberg sehen, erfahren aber meist nur der Oberbürgermeister und die Referenten in Rathaus und Bauhof. Dabei ist gerade ihr Urteil es wert, wenigstens in Auszügen an die Öffentlichkeit zu gelangen. Hier ist eine buntgemischte Sammlung aus Akten der Stadtverwaltung, die – das steht in zahlreichen Briefen zu lesen – mit den Heften „Nürnberg – heute“ eine Brücke zu den Freunden in aller Welt schlägt.

Zuerst ein Trost: Hughes Rudd scheint eine Ausnahme zu sein. Denn der Nürnberger Karl Schmidt, der vor 78 Jahren im Kupferschmiedshof zur Welt kam, berichtet aus Kalifornien: „Respekt und Hochachtung für den Wiederaufbau. Nürnberg hat einen guten Namen in der Welt, das sollen sie drüben wissen. Fleiß und Können der Bürger sowie die sonstigen Vorzüge der Stadt erscheinen immer wieder auf amerikanischen Bildschirmen.“

3. November 1967: Vielstimmiges Lob aus aller Welt

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Abbé Joseph Grange lebt heute in einem kleinen Ort zwischen Lyon und Clermont-Ferrand. Er hat die Zerstörung als Kriegsgefangener mit erlebt und hegt viel Bewunderung für das neue Nürnberg. Gewichtiger ist das Zeugnis, das er seinen Bewohnern ausstellt: „Je besser ich die Sprache verstand, um so mehr stellte ich fest, daß – mit wenigen Ausnahmen – die Deutschen uns Franzosen nicht haßten. Später bin ich einigen Familien nähergekommen. An sie denke ich noch nach 20 Jahren mit Hochachtung und Dank.“
„Wir möchten gratulieren“
„Erfreulich ist auch der neue Geist, der nun in Nürnberg herrscht und der im Lauf der Jahre – so hoffe ich – die Erinnerung an den üblen Ruf, in den die Stadt gebracht worden ist, erlöschen wird. Ich erkenne auch dankbar an, daß im Gegensatz zu manchen Deutschen, die sich angeblich nicht erinnern oder nichts gewußt haben, diese Zeit in „Nürnberg – heute“ nicht unerwähnt bleibt und Sie in ihrem Begleitschreiben darauf hinweisen, daß dieses Heft auch an solche Mitbürger geht, die von der Tyrannei aus dieser Stadt vertrieben wurden und deren wehmütige Erinnerung an die frühere Heimat auf alle Zeiten von Bitterkeit umwölkt bleiben wird“, erwidert Walter Horn aus Montreal dem Stadtoberhaupt.

Ludwig Thalheimer und seine Schwester Else Dreyfuss, die in Forest Hills (New York) eine zweite Heimat fanden, führen an: „Wir möchten zum Wiederaufbau gratulieren. Gleichzeitig freuen wir uns, daß der Haß gegen die Religionen vorbei ist und alle an das Gebot glauben: ‚Liebe Deinen Nächsten wie dich selbst!‛“
„Meine Frau und ich sind beide Nürnberger und haben uns vom grandiosen Wiederaufbau selber überzeugt und unseren hier geborenen Kindern alle Sehenswürdigkeiten gezeigt“, erinnert sich Ralph Gardner – er nannte sich früher Rudolf Gärtner – an seinen Nürnberg-Besuch im Jahre 1961.

Schalon Ben-Chorin aus Jerusalem hat, als er bei seinem Empfang der Stadt am Ende des „Nürnberger Gesprächs“ die Schlußansprache hielt, vom Wiederaufbau nichts erwähnt. Aber aus seinen Worten läßt sich herauslesen, welchen Geist er gespürt hat, als er meinte: „ich hoffe, daß das Nürnberger Gespräch ein großer und breiter Nürnberger Trichter wird, der in viele Köpfe lichte Gedanken des Humanismus und der Brüderlichkeit infiltrieren möge, eine Einrichtung, die frei von Vorurteilen dazu beitragen kann, die Atmosphäre in Ihrem Lande zu reinigen und an der Bewältigung und Aufarbeitung der Vergangenheit mitzuwirken.“ Und er schloß: „An uns ist es, das Werk des freien Gesprächs der Klärung und Versöhnung, der Kritik und der Verantwortung zu beginnen – „aber die Vollendung steht einem Höheren zu.“

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