3. Oktober 1965: Plätze an der Sonne

3.10.2015, 07:00 Uhr
3. Oktober 1965: Plätze an der Sonne

© Ulrich

Als der Oberbürgermeister gestern in Rehhof symbolhaft den Grund und Boden übergab, da versprachen ihm die Kleingärtner: „Wir werden aus den Anlagen Schmuckkästchen machen!“ Die Sonne lachte bei der kleinen Einweihungsfeier am Fuße des Schmausenbucks so recht nach dem Geschmack der Freiluftanhänger vom Himmel. Sie rückte all das vor den Festgästen ins rechte Licht, was die jüngsten Kleingärtner in kurzer Frist aus dem Boden gestampft haben: schmucke Lauben und sogar schon blühende Beete. Die Stadtoberen brauchten daher nicht zu bereuen, daß sie Platz für „grüne Stuben“ freigemacht haben.

In der Daueranlage Rehhof ist Platz für 118 Parzellen, die 17 „vertriebenen“ Kleingärtner aus dem Pegnitzgrund, in dem das Freibad West entsteht, bekommen Ersatzland an der Marktäcker-/Raiffeisenstraße in Schniegling und in der Anlage Ferdinand Ott an der Stadenstraße ist ein Fleckchen für 21 Gärten freigeblieben, das ursprünglich für den Straßenbau vorgesehen war. Überall hat die Stadt Wasserleitungen gelegt, Zäune gesetzt, den „Rahmen“ bepflanzt und Wege gebaut. Alles in allem sind dafür 175.000 Mark aufgewendet worden. Die meiste Arbeit bleibt aber den stolzen „Queckenpelzern“ selbst noch zu tun.

Der Zweite Vorsitzende des Stadtverbandes, Karl Schwarz, erklärte in aller Namen, daß die Kleingärtner ihr bestes dreingeben wollen, um die neuen Kolonien so schön wie möglich zu gestalten. Die Übergabefeier selbst nannte er einen Lichtblick, denn in den letzten Jahren hatten viele „grüne Stuben“ ausgeräumt werden müssen, weil sie Plänen der Stadt im Wege waren. Geblieben aber ist die Sehnsucht der Großstadtmenschen nach der eigenen Scholle.

Dafür hat der Stadtrat auch volles Verständnis, meinte Sozialreferent Dr. Max Thoma. Auch Oberbürgermeister Dr. Urschlechter sprach von der Aufgeschlossenheit seiner Ratskollegen, die trotz schwieriger Grundstücksverhandlungen stets nach Land für die Kleingärtner Ausschau halten. Ihnen liege schließlich allen daran, den Menschen gute Gelegenheiten einzuräumen, damit sie ihre Freizeit recht angenehm verbringen können.

Ein Wermutstropfen fiel jedoch in den Freudenkelch, der da mit vollen Zügen geleert wurde. Aus den Reden war deutlich herauszuhören, daß es in der Zukunft immer schwieriger sein wird, den Kleingärtnern Land zu geben. Dr. Urschlechter sieht angesichts der Grundstücksknappheit nur die eine Möglichkeit, daß der bayerische Staat den Kleingärtnern Boden zu einem ebenso billigen Pachtzins wie den Sportvereinen überläßt. Dazu aber ist ein eigenes Gesetz nötig, das der Landtag beschließen muß. Immerhin: die Stadt ist zunächst wieder um einige blühende Gärten reicher.

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