31. August 1966: Die teure Bratwurst

31.8.2016, 07:00 Uhr
31. August 1966: Die teure Bratwurst

© Gerardi

Als Grund dafür werden die außergewöhnlichen Kosten für das Schweinefleisch angegeben, das nur in den besten Qualitäten für die "Däumlinge“ verwendet werden soll.

Damit ist die Bratwurst in knapp einem Jahr um zehn Pfennig teurer geworden. Vor etwa einem Monat schon hatten die Bratwurstküchen durchblicken lassen, dass sie ihre Gäste angesichts der Lage auf dem Schweinemarkt zur Kasse bitten wollen. Damals war allerdings davon die Rede gewesen, dass der Preis für die Beilagen wie Sauerkraut und Kartoffelsalat heraufgesetzt werden soll. Inzwischen haben sich die Wirte jedoch entschlossen, für das mehr zu verlangen, was auch mehr kostet: eben die Wurst.

Für eine Normalverbraucher-Portion von acht Bratwürsten ("Das ist bei uns der Schnitt“, versichert der Wirt eines renommierten Hauses) muss der Gast fortan 40 Pfennig mehr als in den letzten Monaten und gar 80 Pfennig mehr als noch vor einem Jahr berappen. Salat und Kraut werden ihm weiterhin für 50 Pfennig pro Portion, in seltenen Fällen auch schon für 40 Pfennig serviert. Selbst die auswärtige Kundschaft bekommt die jüngste Preiswelle zu spüren: die Dosen sind ebenfalls "ein bisschen“ teurer geworden.

Trotz ihres kühnen Schritts seufzen die Gastronomen immer noch über die Preise für das Schweinefleisch. Sie müssen schätzungsweise fünf Mark und auch noch etwas mehr auf dem Schlachthof für ein Kilo vom Besten ausgeben. "Erst in den letzten Wochen hat der Preis pro Kilo erneut um 15 bis 20 Pfennig angezogen“, klagt der Wirt einer gutbesuchten Küche. Bei einem Verbrauch von zwei Tonnen in der Woche wirke sich dies selbstverständlich auf die Gesamtrechnung entscheidend aus.

Es bleibt unbestritten, dass die Bratwurst am empfindlichsten auf die Lage am Schweinemarkt reagiert. Da für sie nur die besten Qualitäten wie Vorder- und Hinterschinken gebraucht werden können, soll nicht der gute Ruf dieser kleinen Nürnberger Weltberühmtheit gefährdet werden, sind auch die höchsten Preise fällig. Die Ausgaben für 100 Kilo Schweinernes haben längst die Rekordmarke von 311 Mark überschritten, die noch vor einigen Wochen als der "Gipfel“ angesehen wurde. Und es scheint vorerst, als entwickelten sich die Preise hurtig weiter in die Höhe.

Daran sind nicht zuletzt die Hausfrauen Schuld, die heutzutage unbesehen nach dem teueren Schweinefleisch greifen, obwohl Rindfleisch viel preiswerter angeboten wird, und die obendrein auch nur die schönsten Stückchen aussuchen. Schweinefüße werden beispielsweise auf dem Schlachthof beinahe hergeschenkt, denn sie kosten nur fünf Pfennig je Kilo. Das Kilo Schmer geht für zehn bis zwanzig Pfennig auch äußerst zäh weg. Der Preis scheint eben kaum noch eine Rolle zu spielen.

Um diese Erfahrung sind auch die Bratwurstküchen reicher, die mit einigem Bangen ihre kleinen Würste um ein schönes Stück teurer gemacht haben. "Wir erwarteten bei unseren Gästen einen Sturm auf die Barrikaden“, erzählt einer der Wirte. Was geschah? Nicht eine einzige Reklamation kam.

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