4. Dezember 1962: Großfeuer in Kartonfabrik

4.12.2012, 06:56 Uhr
4. Dezember 1962: Großfeuer in Kartonfabrik

© Ulrich

Obwohl drei Löschzüge der Berufsfeuerwehr und vier Löschgruppen der Freiwilligen Feuerwehr ununterbrochen im Einsatz waren, bestand doch die Gefahr, daß die schwelende Gefahr, daß die unter Dampf stehenden Kesselanlagen sowie das unterirdische Schweröllager der Fabrik explodieren und neues Unheil anrichten.

Von Polizei und Sanitätern waren daher die vier Straßenzüge, die zu dem ausgedehnten Werksgelände inmitten eines dichtbesiedelten Wohngebietes führten, hermetisch abgeriegelt; zahlreiche Fensterscheiben in der engeren Nachbarschaft waren bereits zerborsten und Feuersglut saugte zeitweise Sauerstoff. Über 100 Beschäftigte in der Spätschicht der Fabrik hatten sich in letzter Minute retten können.

Knapp nach 17.45 Uhr war es gewesen, daß vermutlich durch einen Kurzschluß der elektronischen Anlagen in der Versandabteilung des Werkes das Feuer ausbrach und binnen kurzem auf die Papier- und Fabrikationshalle, auf die Verladerampe, die Sozialräume und die Mustermacherei übergriff. Pappeartikel, Wellpappe, Fertigware, Kartons, Rohpapier auf Rollen und Fertigmaschinen – darunter auch eine hochwertige Spezialanlage für zwei Millionen DM Wert – wurden ein Raub der Flammen.

Die vielen Helfer in der Not gingen hart ran: aus allen verfügbaren Rohren „schossen“ sie das Wasser in das Fackelmeer, das lodernde Ballen in die rotschimmernde Luft katapultierte – und gegen 21 Uhr war es denn auch soweit, daß die Gefahr eines neuen Aufflackerns zunächst gebannt schien. Das Landeskriminalamt ist über die Tatsache des Brandes verständigt, und die Brandwache – neben zwei „Nachlöschgruppen“, die weiterarbeiten – blieb während der Nacht am „Herd“. Womöglich erhöht sich der bisher geschätzte Schaden noch durch die Wasser- und Raucheinwirkungen.

4. Dezember 1962: Großfeuer in Kartonfabrik

© Ulrich

Aber als auch nach 21 Uhr keine Explosionsgefahr mehr bestand, hielt die Polizei weiterhin ein großes Aufgebot an – immerhin 14 – Funkstreifenwagen bereit; das Rote Kreuz blieb bei seinem Standort und versorgte die Verletzten, denn allein zehn Feuerwehrleute zogen sich im Laufe der Brandbekämpfung Schnittverletzungen zu, während zwei weitere Wehrmänner und ein Arbeiter ernstlichere Schäden erlitten und ins Krankenhaus gebracht werden mußten. Die Notverbandsstelle in einer nahegelegen Brauerei war jedenfalls häufig besucht.

Das Inferno hatte die Feuerwehr veranlaßt, mit mehreren Stoßtrupps immer wieder von allen Seiten und über die Mauern und durch die Fenster vorzugehen: jeweils vier bis fünf Mann an einem Wasserschlauch versuchten einschneidende Keile in den großflächigen Brandherd zu treiben. Damit wurde das Werk vor seiner vollständigen Vernichtung bewahrt, obwohl nicht vermieden werden konnte, daß zwei vollbeladene Güterwaggons im Versandlager, Automaten und Verarbeitungsmaschinen dennoch zerstört wurden.

Der ausgedehnte Brandherd an der Kreuzung Schlüsselfelder-, Goethe- und Schillerstraße im Maxfeld, der ungezählte Neugierige noch bis Mitternacht in Atem hielt, hatte auch Prominenz der Bürgervertreter auf den Plan gerufen: außer Polizeipräsident Erich Hess und Bürgermeister Franz Haas waren der Leiter des Katastrophenschutzamtes, Albert Bleistein, Kriminal-Amtmann Helldörfer und Kriminal-Oberinspektor Erich Bürger zur Feuerstelle gekommen, um sich vom Fortgang der Unternehmungen zu unterrichten.

… dann rannten wir ins Freie

„Wir waren völlig überrascht und wußten uns keine Erklärung für das Feuer“, so sagten die einen, die noch im Betrieb weilten, als es zu brennen begann, und „wir schlugen so schnell Alarm wie möglich“, sagten die anderen. „Dann rannten wir ins Freie.“ Alles ging so schnell, daß viele der Beschäftigten nicht einmal mehr ihre Kleidung retten konnten. Jedenfalls hielt – aufgrund der Überraschung, die um 18.01 Uhr die Feuerwehr alarmierte – die Wache über diesen größten Brand nach der „Ringhaus-Katastrophe“ auch noch bei der Polizei an: sie blieb mit einem 15-atü Wasserwerfer in nächster Nähe.

 

 Aus den Nürnberger Nachrichten vom 4. Dezember 1962

 

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