5. April 1966: Start in den Frühling

5.4.2016, 07:20 Uhr
5. April 1966: Start in den Frühling

© Kammler

Er steht auf dem großen Parkplatz und weist Ankömmlinge in die wenigen Lücken zwischen den Reihen chromblitzender Automobile. Ihre Besitzer warten inzwischen geduldig vor den Schaltern des Amtes, das in diesen Tagen wieder mit einem Massenansturm fertig werden muß. Denn die Nürnberger möchten mit dem Auto in den Frühling fahren, noch dazu, weil Ostern vor der Türe steht. In der Statistik wird dieser Wunsch am besten sichtbar. 915 Zulassungen gab es im ruhigen Januar. Die Zahl kletterte im Februar sprunghaft auf 1.352 und wird im März eine – noch nicht ausgerechnete – Rekordhöhe erreichen.

5. April 1966: Start in den Frühling

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"Ab Mitte Februar kamen heuer die Leute in Scharen", bemerkt Amtmann Josef Turban, der Chef der Zulassungsstelle. Er schiebt den frühen Beginn dem guten Wetter in die Schuhe, das damals noch geherrscht hat, und nennt Ostern als den nächsten Meilenstein. "Der Andrang hängt auch von den Feiertagen ab. Bis spätestens zum Karfreitag möchten die Nürnberger ihren Wagen haben, damit sie losgondeln können!" Manche fahren dann acht Tage nach Italien, andere nur für einige Nachmittagsstunden in die Umgebung.

Kein Wunder also, daß es bei der Zulassungsstelle wie in einem Taubenschlag zugeht und täglich rund 1.000 „Amtsvorgänge“ gebucht werden. Dazu kommt, daß die Zahl der in Nürnberg zugelassenen Fahrzeuge – vom Moped bis zum Anhänger, Personenwagen und Lastwagen – immer größer wird, im Februar 108.000 überschritt und im März – so schätzt Josef Turban – bei 109.000 angelangt sein dürfte. Den Löwenanteil stellen die Personenwagen: 90.703 (Ende Februar).

Innerhalb der Grenzen, die durch die räumlichen Verhältnisse an der Großreuther Straße abgesteckt sind, versucht die städtische Zulassungsstelle dem immer zahlreicher werdenden Publikum gerecht zu werden. Die Zulassungsabteilung wurde deswegen nach den Endnummern der amtlichen Kennzeichen in vier selbständige Arbeitsgruppen aufgeteilt, die den Kunden in einer Art Fließbandverfahren bedienen. Eine fünfte Kolonne soll in der nächsten Zeit noch entstehen.

Die Wartezeiten sind dadurch kürzer geworden. Von dem erlösenden Augenblick, in dem der wartende Autofahrer an den Schalter tritt, bis zur Ausgabe der bereits abgestempelten Kennzeichen vergehen höchstens 25 Minuten. Wann jedoch der Besucher an der Reihe ist, steht auf einem anderen Blatt. Er kann es sich selbst ausrechnen. Wenn sechs Leute vor ihm in der Reihe stehen, dauert es über den Daumen gepeilt zweieinhalb Stunden, auch in der Hochsaison.

"Es ist nicht mehr so schlimm wie früher", tröstet jedoch Josef Turban, "weil die Stillegungen geringer werden, die noch vor einigen Jahren viel Mehrarbeit bedeutet haben. Es gibt kaum Motorräder mehr, die über den Winter abgemeldet werden. Autos laufen das ganze Jahr über". Trotzdem brauchen sich die Mitarbeiter über mangelnde Beschäftigung nicht zu beklagen. "Das bleibt jetzt so bis zum November", erklärt der Amtsvorstand und meint damit, daß – ist der erste Ansturm erst einmal verkraftet – in den eigenen Reihen die Ferienzeit beginnt und die Daheimgebliebenen auch die Arbeit der Urlauber mit erledigen müssen.

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