7. April 1966: “Entstaubte Kirche“

7.4.2016, 07:00 Uhr
7. April 1966: “Entstaubte Kirche“

© Gerardi

Im Jahre 1025, als die spätere Freie Reichsstadt in den Urkunden noch keine Rolle spielte, wird schon die Siedlung Mögeldorf hoch über der Pegnitz erwähnt. Inmitten eines befestigten Friedhofs lag die Johanniskapelle, wohl das Gotteshaus des ehemaligen Königshofes, der auf dem Gelände des jetzigen Kirchberges zu suchen ist. Immer wieder wurde am Kirchlein gebaut, bis mit der Weihe des Langhauses 1416 ein vorläufiger Schlußstrich gezogen werden konnte. Mit diesem Datum beginnt die Geschichte der Pfarrkirche von Mögeldorf.

Schon einmal standen die Gemeindeglieder vor der Frage, wie sie ihr Gotteshaus wiederherrichten sollten: nach dem Dreißigjährigen Krieg war es 1662 nötig geworden, das Gebäude gründlich zu überholen. Zu Beginn dieses Jahrhunderts machten sie sich, dem neugotischen Geschmack unserer Großväter entsprechend, erneut an eine Restaurierung. Von den Folgen dieses gewaltsamen, lieblosen und schlichten gotischen Stil der Kirche verfälschenden Eingriffs will sich „St. Nikolaus und Ulrich“ jetzt gleichsam erholen.

„Entstauben“ steht deshalb als Motto über den Arbeiten am Gotteshaus, die sich über das ganze Jahr hinziehen werden. Den Mögeldorfern dürfte der Anblick der Gerüste vertraut sein, doch werden sie am Ende und nach mancherlei finanziellen Opfern auch belohnt.

Vielleicht versöhnt der Anblick ihrer stilvoll-schlichten Kirche auch jene Gemeindeglieder, die zunächst konservativ gewesen sind: „Man sollte nicht zuviel ändern!“ Denn bereits kurz nach Kriegsende, als St. Nikolaus und Ulrich wieder benutzt werden konnte, stand eine künftige Erneuerung fest.

Anfang 1963 wurde der Chor, ein Jahr später Fußboden und Gestühl renoviert. Erbitterte Debatten gab es wegen des Altars und der Kanzel: in einem der Seitenschiffe fand sich ein auf Nußbaum gebeizter barocker Altar, dessen ursprüngliche Farbenpracht dem pseudogotischen Empfinden unserer Großväter so mißfallen hatte, daß man sie kurzerhand unter einer dicken Farbschicht versteckte. Ebenso erging es der Kanzel. Als man beide in ihren alten Zustand zurückversetzen wollte, war die Gemeinde nicht restlos einverstanden.

Während Orgelempore und Schiffe widerspruchslos renoviert wurden, setzte die Kritik noch einmal – beim wohl auffallendsten Eingriff – ein: die Steinbalustrade im Westchor, mit ihrem neugotischen Maßwerk ein weiteres Anhängsel von 1902, sollte abgebrochen werden. Der intime Raum der Taufkapelle wurde zugunsten einer großzügigen Lösung geopfert. Heute sind selbst einstmals erbitterte „Balustraden-Liebhaber“ erfreut über den harmonischen, geschlossenen Eindruck, den die Kirche nun macht. Pfarrer Friedrich Wolf hat allen Grund, darüber glücklich zu sein.

Seit einiger Zeit sind die Arbeiter auch mit der Fassade beschäftigt: verwitterte Steine werden ausgebessert, die gröbsten falschen Zutaten ausgemerzt. Die größten Sorgen bereitet die Eingangshalle, in der man eine durchgehende Rippe entfernt und auf die Steinmetzarbeiten des frühen 20. Jahrhunderts verzichtet.

Aber auch der Zustand des Dachstuhles bereitet den verantwortlichen Männern des Kirchenbauamtes, des Landesamtes für Denkmalpflege und nicht zuletzt den Baufirmen schlaflose Nächte: der Hausbock zerfrißt das Gebälk. Nach einem Verfahren, das sich schon mehrfach bewährt hat, sollen die Balken „geimpft“ werden. An 4000 bis 5000 Stellen wird ein Mittel gegen diese Schädlinge in das Holz gepreßt, bis es ganz damit durchtränkt ist. Hier erweist es sich als günstig, daß die alten Balken enorm dick sind und einiges vertragen können. Den ganzen Dachstuhl abzureißen und durch eine Stahlkonstruktion zu ersetzen, ist bei so großen Objekten aus mehreren Gründen nicht ratsam.

Als ausgesprochen schädliche Gäste haben sich auch die Tauben erwiesen, die zu Hunderten dort oben hausen. Ihre Eier und der Staub der Jahrhunderte sind übrigens das einzige,was sich auf dem Dachboden beim Stöbern fand. Am zweiten Pfingsttag feiert die Mögeldorfer Gemeinde ihren Kirchweihtag. Bis dahin werden die Gerüste wohl noch stehen; doch schon zeichnen sich deutlich die Spuren eingehender, behutsamer Verschönerungen ab. Nürnberg wird um ein architektonisches Kleinod reicher.

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