8. Dezember 1965: Viele Wünsche bleiben unerfüllt

8.12.2015, 07:00 Uhr
8. Dezember 1965: Viele Wünsche bleiben unerfüllt

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Nach zweitägigen Beratungen billigte der Stadtrat gestern abend gegen die Stimmen der CSU den ordentlichen Haushalt für das Jahr 1966 mit 390.688.077 DM; alle Fraktionen nahmen den außerordentlichen Haushalt mit 138 596.952 DM an. Obwohl mehr als eine halbe Milliarde DM zur Debatte stand, mußten sich die Rathaus-Parteien so bescheiden wie nie zuvor geben.

Oberbürgermeister und Kämmerer blieben bis zur letzten Stunde hart. Das Gesamtvolumen des Haushalts erhöhte sich daher nur um knapp 200.000 DM. Neunzehn neue Bauvorhaben wollten die Parteien im außerordentlichen Haushalt unterbringen, doch nur zwei fanden vor den Augen des Kämmerers Gnade. Sie müssen gegen Abstriche bei anderen Projekten erkauft werden.

Das Ringen um das künftige Baugeschehen artete zum härtesten Tauziehen zwischen dem Kämmerer („Wer kann mehr ausgeben, als er hat?“) und dem Plenum aus. Dr. Dr. Georg Zitzmann erinnerte immer wieder daran, daß in den folgenden Jahren 155 Millionen nötig sein werden, um begonnene Projekte fortzuführen. „Theoretisch kann es uns passieren, daß wir den einen oder anderen Bau stillegen müssen“, rief er aus, denn die Stadt kann sich gegenwärtig nur noch um 86 Millionen DM verschulden.

Abstriche wie noch nie

Je näher die Aussprache um den außerordentlichen Haushalt rückte, desto mehr wuchs die Spannung im Rathaus-Saal. Wird es zum großen Krach zwischen der Verwaltung und den Fraktionen kommen? – das war die entscheidende Frage, nachdem Oberbürgermeister Dr. Urschlechter noch einmal gewarnt hatte: „Ich bitte, die Ansätze nicht auch nur um eine Mark zu erhöhen!“ Zehn Millionen Mark aber wollten die Parteien zusätzlich eingerückt sehen. Mit den Worten des Kämmerers „Ich habe große Bedenken“ wurden die Stadtväter in eine Pause entlassen, in der sie ihre bescheidenen Ansprüche weiter zurückschrauben sollten.

Sie entschlossen sich tatsächlich, von ihren „liebsten Kindern“ Abschied zu nehmen. Die Anträge auf eine Million für die Volksschule Langwasser III, 1,5 Millionen für den Erweiterungsbau Bielingplatz (beide SPD), 500.000 Mark für den Ausbau des Volksfestplatzes (CSU), eine Million für den Bau von Fürsorge-Wohnungen (FDP), eine Million zur Förderung des Wohnungsbaus (CSU) und zwei Millionen für die Maximiliansbrücke (SPD), wurden zurückgenommen. So viele Abstriche hat der Stadtrat noch in keinem anderen Jahr von seiner Wunschliste gemacht.

„Wir müssen die Hände ringen!“

Es bedurfte eines langen Einredens der Fraktions-Sprecher Prölß, Dr. Schneider und Bibel auf den Stadtkämmerer, daß wenigstens je eine Million für den Bau der Nopitschbrücke (SPD) und die Erweiterung des Sigena-Gymnasiums (gemeinsamer Antrag von SPD und CSU) im nächsten Jahr vorgesehen wird. Das Geld für die Brücke, der engsten Stelle im ausgebauten mittleren Ring, wird den Mitteln für den allgemeinen Straßenbau von 6,3 Millionen, der Betrag für das Sigena-Gymnasium der Summe für den Hallenbau Süd über 8,5 Millionen abgezwackt. Beide Projekte belasten die Stadt in den kommenden Jahren mit 11,3 Millionen Mark. „Wir müssen die Hände ringen, damit sich die Entwicklung so gibt, daß wir später weiterbauen können“, rief Dr. Zitzmann aus.

Aus diesem Grunde ließ sich der Kämmerer lange kneten und sogar „hartleibig“ nennen, ehe er den beiden Wünschen nachgab. Schweren Herzens nur verzichteten die Stadträte auf die übrigen Projekte, die sie für nicht minder wichtig erachtet hatten. Trotzdem werden sie in nächster Zukunft bei jedem einzelnen Vorhaben überprüfen müssen, ob die finanziellen Möglichkeiten dazu noch ausreichen, denn in die Satzung über den Haushaltsplan ist zu diesem Zweck eine eigene Kontrollklausel eingearbeitet.

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