8. Januar 1966: Sportauto mit "Pfiff"

8.1.2016, 07:00 Uhr
8. Januar 1966: Sportauto mit

© NN

Im weichen Polster sitzt Werner Basel hinterm Steuer und kostet lächelnd die Bewunderung, die ihm und seinem eleganten weißen Renner gilt. Er genießt das „ganz besondere Fahrgefühl“ und denkt mal nicht daran, daß in seinem „Maßgeschneiderten“ 3.500 Arbeitsstunden stecken.


8. Januar 1966: Sportauto mit

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Schon als 18jähriger hat der heutige Versuchsmechaniker in einer Nürnberger Elektrofirma sein Autohobby gepflegt: er bastelte an einem uralten Gutbrod Superior herum. Als das Wägelchen keine Puste mehr hatte, reiften neue Pläne. Ein „Selbstgestrickter“ mußte her – langgestreckt, schnittig, niedrig und mit Kraft unterm Heck.

Gedacht, getan: Fachbücher wurden studiert, die Bilder aller bekannten Sportwagen verglichen und Proben aufs Kunststoff-Exempel gemacht, denn aus diesem Material, so entschied sich Werner Basel, sollte die Karosserie entstehen. In der Galvanistraße 10, wo der 28jährige mit seinen Eltern wohnt, konnte er zwar nur Detailzeichnungen anfertigen, aber das Auto nicht bauen. Hilfreich sprang ein Geschäftskollege ein und bot ihm den Keller eines Eigenheimes an „An der Steinmauer 11“ in der neuen Worzeldorfer Siedlung an.

Zwei Jahre lang pendelte der junge Konstrukteur zu jeder freien Stunde zwischen der Südstadt und Worzeldorf hin und her, schleppte (bezahltes) Zubehör aus unfallbeschädigten Autos mit, darunter aber auch ein fabrikneues 1.200er-VW-Fahrgestell, das gewissermaßen die Grundlage seines Experimentes bildete. Werner Basels jüngerer Bruder ist Fachmann im Schweißen, und das fügte sich gut, weil ein Gitterrohrrahmen geplant war. Zur Versteifung des Daches wurde ein stabiler Überrollbügel eingeschweißt; auch Türen und Hauben sind Rohrkonstruktionen.



Das Auto, Marke Basel, hatte mittlerweile ein abenteuerliches Aussehen angenommen: scheinbar beziehungslos lagen Fertigteile nebeneinander. Aber das Zeit, Geld und Nerven kostende Puzzlespiel ging dennoch zielstrebig weiter. Für die Scheibe fand der talentierte Bastler die Frontscheibe eines Serienwagens. „Passt!“ sagte er. Das Rückfenster schnitt sich der 28jährige aus der Heckscheibe eines amerikanischen Straßenkreuzers.

Die Kunststoff-Karosserie mit dem „Eigenschliff“ entstand mühselig nach einer Gipsform. Der TÜV München gab seine Zustimmung. Die roten Nummern wurden montiert – und ein Traum wurde wahr. Mit einem 1500er-Motor als Antriebsmaschine und bei 10,5 Liter Treibstoffverbrauch (im Durchschnitt) verlief die erster Ausfahrt ganz nach Wunsch. Wenn Werner Basel aufs Pedal tritt, bringt es sein Gefährt bis zu 148 Stundenkilometer Höchstgeschwindigkeit.

Runde 6.000 DM hat der Nürnberger in die Materialkosten gesteckt. Wenn er den gängigen Arbeitslohn hinzurechnet, ist sein Auto mehr als das Doppelte dieses Betrages wert. (Allein die Sonderanfertigung der Karosserie könnte bis zu 40.000 DM kosten!). Aber Geld hin, Geld her: zu Frühjahrsbeginn holt Werner Basel seine Braut Christel, die in München als Bankkauffrau gelernt hat, nach Nürnberg heim. Im Traumwagen, versteht sich.

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