9. April 1968: Aufgeblasene Club-Männchen

9.4.2018, 07:00 Uhr
9. April 1968: Aufgeblasene Club-Männchen

© Gerardi

Aufgeblasene Männchen in den rotweißen Traditionsfarben mit dem Vereinsabzeichen auf dem Bauch stellen ein untrügliches Zeichen dafür dar, wie gern sich die Industrie an den Erfolg des Bundesliga-Spitzenreiters anhängt. Diese quietschenden Plastikfiguren stoßen den jüngsten Schrei auf einem weiten Feld aus, das bisher schon mit Fahnen und Fotos, Gläsern und Bären reichhaltig bestückt war.

Der Nürnberger Fußballfreund kann nun auf Schritt und Tritt mit seinen Lieblingen leben: er darf in vollen Zügen aus Humpen mit den Köpfen der Clubspieler schlürfen oder mit dem Teddybär im Clubtrikot den Träumen von großen Siegen entgegenschlummern.

Lizenzgebühren für Club und Spieler

Die Leidenschaft mancher Leute für das runde Leder läßt sich in bare Münze verwandeln, vor allem so lange ihre Mannschaft von Sieg zu Sieg eilt. Diese Erkenntnis teilen der Deutsche Fußballbund, der 1. FC Nürnberg und die Spieler gleichermaßen. Wenn der Club Maskottchen in seinen Farben herstellen läßt, so kassiert er dafür ebenso Lizenzgebühren wie seine Spieler, wenn sie auf Postkarten ihren Mann stehen.

Eine vollendete Ausstattung für einen richtigen Fanatiker kostet ihren stattlichen Preis. Sind Fahnen von halber Bettuchgröße noch für sechs oder sieben Mark zu bekommen, so müssen für den Teddybär in Fußballstiefeln schon 19,50 Mark berappt werden. Das Liter-Bierglas mit dem Meisterschaftswimpel und den Namen von Trainer und Spielern in Blockschrift gibt es für 3,95 Mark, in Luxus-Ausführung mit den aufgemalten Köpfen der ganzen Mannschaft und den „Autogrammen“ der mehr oder weniger hellen Sterne auf den Wimpeln sind die Preissprünge besonders kraß. Von der Miniaturausgabe für das Auto für 2,40 Mark bis zum goldgefaßten Spitzendreieck für 36,50 Mark.

Nach der Flaute geht‘s aufwärts

Der Phantasie für Maskottchen-Väter sind keine Grenzen gesetzt. Die Nürnberger Gummi- und Plastikwarenfabrik, die besagte aufblasbare Männchen herstellt, hat ihre Anregung direkt aus dem Tor von Roland Wabra geholt. Sie entdeckte auf einem Bild der „Nürnberger Nachrichten“ im vorigen Jahr eine unscheinbare Stoffigur im Gehäuse des Clubhüters und erblickte darin einen neuen hoffnungsvollen Produktionszweig. Mit einem Handmuster marschierte die Chefin zum 1. FC Nürnberg, der – gegen entsprechende Beteiligung – versteht sich – einverstanden war, daß die Männchen vom Fließband rollen und für 2,50-2,95 Mark an den Mann gebracht werden sollten.

Als die Maskottchen in Massen auf dem Markt aufkreuzten, da erlebte der Club gerade eine Flaute. Aber jetzt geht‘s aufwärts – mit der Mannschaft und den Männchen.

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