9. September 1965: Die Köche zeigen, was sie können

9.9.2015, 07:00 Uhr
9. September 1965: Die Köche zeigen, was sie können

© Ulrich

Unter den Schlemmern sind aber nicht nur Nürnberger. Auch renommierte Fachleute aus New York, Berlin und aus fast allen Großstädten Westdeutschlands kommen, um zu schmecken, was ihre Kollegen von der Pegnitz „los haben“. Selbst Regierungspräsident Karl Burkhardt ist mit von der Partie, und weil er kein Kostverächter ist, wird er bei diesem festlichen Ereignis zum Ehrenmitglied erhoben.

Tatsächlich haben die Gastgeber, lauter weißbemützte Idealisten, keine Mühe gescheut, das „Stiftungs-Menü“ zu einem Ereignis werden zu lassen. Monatelang wurde an den Vorarbeiten getüftelt, damit das Resultat so prächtig ausfällt, daß es ihren Vorfahren im Jubiläumsverein noch zur Ehre gereichen würde. „Vor den früheren Vorständen Adolf Stober, Wilhelm Eberle, Ludwig Seyschab, Ludwig Schober und Josef Matthes, die bis Kriegsende unsere Geschicke lenken, müssen wir doch bestehen können!“ sagt der heutige Vereinsvorsitzende Adolf Schneider.

Mit einer Brigade von 25 Köchen unter den „Dirigentenlöffeln“ von Hans Martin und Max Häutle, zehn Hilfskräften und 30 Kellnern, die Serviermeister Hans Engelhardt anführt, wird den lüsternen Gästen – darunter auch Herbert Hisel, der damit vor seiner Amerika-Tournee seine Abschiedsvorstellung gibt – das Beste vom Besten serviert. Auf mehr als hundert Silberplatten und wechselndem Geschirr, das aus mehreren Häusern entliehen ist, werden die Gaumengenüsse aufgetragen.

Auch zwei „neue Kreationen“ sind dabei: der „Ratsherren-Cocktail“ zum Auftakt, der aus einer Perlzwiebel und einer Maraschinokirsche (sinnigerweise verkörpern sie die Nürnberger Stadtfarben) und sechs alkoholischen Zugaben besteht, sowie die Heilbuttschnitte „Martin Behaim“. Das Fleischgericht Lendchen „Lug ins Land“ mit Kartoffelbällchen und Salaten heißt deshalb so nürnbergerisch, weil alle leckeren Zutaten aus dem heimischen Knoblauchsland stammen. Wenn aber die Eisbombe „Noris“ platzt, gehen alle Lichter im Saal aus. Die Mischung aus 50prozentigem Kirschwasser und reinem Weingeist ergibt auf den Eisbergen, die ausgemeißelte Narrenschiffe und Türme der Burg zieren, eine helle Flamme nach der anderen.

Zwischen den Gängen – das Essen dauert knapp drei Stunden – singen Künstler des Opernhauses, spielt Horst Bauer von der Hauskapelle des Hauptbahnhofes auf der Hammond-Orgel und halten einige Gäste Tischreden. Nach dem Likör „Nürnberger Trichter“ darf zu den Klängen der Atlantik-Tanzkapelle das ermüdete Bein geschwungen werden. Zuvor aber hatten die Hobby-Köche der „Marmiten“ Gelegenheit, in die Töpfe der Profis zu schauen; das dürfen sie beim Jubiläumsverein, der dem 10.000 Mitglieder zählenden Verband der Köche Deutschlands angehört, zum ersten Mal. Und alle werden dem Motto des Festbanketts gemäß überzeugt sein: „Könner kochen für Kenner“.

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