Anwohner zu Frankenschnellweg: "Wir glauben nimmer dran"

18.2.2019, 05:54 Uhr
Der kreuzungsfreie Ausbau des Frankenschnellwegs lässt weiter auf sich warten.

© Oliver Acker/www.digitale-luftbilder.de Der kreuzungsfreie Ausbau des Frankenschnellwegs lässt weiter auf sich warten.

"Am Anfang haben wir gedacht, damit können wir leben", sagt Karlheinz Kurtz. "Aber es wird immer schlimmer. Es ist so was von laut." Kurtz läuft mit Beatrix Kuhn auf ein orangefarben getünchtes Reihenhaus zu. Seit fünf Jahren leben sie hier. Nur ein einziges Haus trennt das ihre von der Lärmschutzmauer, hinter der unablässig Autos oder Lkw vorbeirollen. Am schlimmsten sei es, wenn man im Sommer im Garten sitze. "Es hört einfach nie auf. Wir können es gar nicht mehr genießen", fährt der 55-Jährige fort.

Kurtz ist in der Herzogenauracher Straße in Leyh zu Hause. Eine reine Wohnsiedlung, Häuschen an Häuschen. Autos steuern die Einfahrten an, der Wocheneinkauf wird aus dem Kofferraum geholt und ins Haus getragen. Vögel zwitschern, sie brüllen regelrecht gegen den Verkehr an.

Viele sind skeptisch

Auf dieser Höhe des Frankenschnellwegs sollen im Rahmen des kreuzungsfreien Ausbaus eine zusätzliche dritte Fahrspur in Richtung Hafen gebaut, Flüsterasphalt verlegt und auf beiden Seiten acht Meter hohe Lärmschutzwände hochgezogen werden. Einige Hundert Meter weiter, auf dem Abschnitt zwischen Rothenburger Straße in Richtung Otto-Brenner-Brücke ist ein Tunnel geplant, der den Verkehr aufnehmen soll. "Weniger Stau, weniger Umweltbelastung und ein grüner Tunneldeckel" – so klingen die Ausbau-Verheißungen aus dem Mund der Stadt.

 

 

 

"Wir glauben nimmer dran", sagt Kurtz und klingt frustriert. Er ist nicht allein mit seiner Skepsis. Auch Jürgen Messer (59) tut sich mit der Vorstellung schwer, dass die schier unendliche Geschichte noch ein Happy End für die Anwohner haben könnte. Er wohnt nur ein paar Hundert Meter weiter, ein Leyher von Geburt an, und stellt fest: "Ich glaube nicht, dass der Bund Naturschutz (BN) Einsicht zeigt."


Frankenschnellweg: BN will Umweltbeurteilung abwarten


"Der BN ist für mich ein rotes Tuch", fährt der 59-Jährige fort. Dabei geht es Messer gar nicht so sehr um den Straßenlärm, "wir haben Lärmschutzfenster, den nehme ich schon gar nicht mehr richtig wahr". Er stört sich vielmehr an der Schadstoffbelastung. "Wir sind den Abgasen seit Jahrzehnten ausgesetzt." Für die Anwohner sollte sich der Bund Naturschutz interessieren und nicht nur dafür, ob irgendwo ein seltenes Gräslein wachse.

Ob der kreuzungsfreie Ausbau überhaupt kommt? Die Anwohner Beatrix Kuhn und Karlheinz Kurtz sind skeptisch.

Ob der kreuzungsfreie Ausbau überhaupt kommt? Die Anwohner Beatrix Kuhn und Karlheinz Kurtz sind skeptisch. © Foto: Roland Fengler, Sabine Stoll

Messer ist nicht der Einzige, der hier nicht gut auf den Bund Naturschutz zu sprechen ist, der hier den Ruf des Verhinderers hat. Die Naturschutzorganisation und ein verbliebener Privatkläger, der nur ein paar Straßen weiter ebenfalls in Leyh lebt, sind bekanntermaßen gerichtlich gegen das Straßenprojekt vorgegangen. Derzeit ruht das Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof. Die Kläger streben mit der Stadt eine außergerichtliche Einigung an.

In diesem Zusammenhang wird das Ergebnis der Umweltverträglichkeitsstudie (UVS) mit Spannung erwartet, die den Klägern offenbar vorliegt, die die Öffentlichkeit aber noch nicht zu Gesicht bekommen hat. Bürgermeister Christian Vogel (SPD) wehrte sich erst vor wenigen Tagen gegen den Vorwurf der "Heimlichtuerei".

Vogel begründete das Nichtveröffentlichen der Studie damit, dass die Unterschrift des Gutachters noch fehle. Kommenden Mittwoch will er sich aber nun doch in einer Pressekonferenz zur Umweltverträglichkeitsstudie äußern (wie berichtet). Ursprünglich sollte die Studie schon im Jahr 2017 fertig sein. Sie soll die Auswirkungen auf die Umwelt für beide Szenarien beleuchten: Der Ausbau findet statt. Oder es bleibt alles beim Alten.

Teure Verzögerung

Dass alles beim Alten bleibt? Bloß nicht, meint Sabine Gerner. Die 51-Jährige steht in einem gepflegten Garten mit Blumenkübeln und Deko-Herzen aus Holz, auch hier hört man den Verkehr deutlich. Schon beim Einzug vor acht Jahren sei ein Lärmschutz versprochen worden, erinnert sie sich.

Dabei leidet Sabine Gerner gar nicht so sehr unter dem Lärm, das sei wie ein Hintergrundrauschen, oder der Tatsache, "dass die Fenster dreckig werden". "Ich wünsche es mir aber für die Stadt, dass der Frankenschnellweg ausgebaut wird." Die vielen Staus seien unerträglich. Die Menschen, die von außerhalb nach Nürnberg zum Arbeiten kämen, "die müssen irgendwie rein oder durch die Stadt durch". Gerner glaubt nicht daran, dass man die Mehrheit der Menschen zum Umsteigen auf öffentliche Verkehrsmittel bewegen könne.

Mit jedem Jahr Verzögerung wird der Ausbau des Frankenschnellwegs teurer. Die geschätzten Kosten lagen zuletzt bei 633 Millionen Euro. Eine ordentliche Summe. Anwohner Reinhold Ebert (58): "Etz müsste es langsam losgehen, sonst wird es noch teurer."

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