Auto statt Rad: Nürnberger Postboten ärgern die Anwohner

9.8.2017, 05:57 Uhr
In den Stadtteilen Mögeldorf und Erlenstegen sind die Briefträger wieder mit Autos statt Rädern unterwegs.

© dpa/Ralf Hirschberger In den Stadtteilen Mögeldorf und Erlenstegen sind die Briefträger wieder mit Autos statt Rädern unterwegs.

Kaum fährt das Postauto in Mögeldorf an, muss es schon wieder abbremsen: Der Zusteller steigt aus, in der einen Hand einen Stapel Briefe, unter dem anderen Arm klemmt ein Paket. Ist alles verteilt, geht es zehn Meter weiter zum nächsten Stopp. Bei laufendem Motor wiederholt sich die Szene. Ökologisch ist das nicht, obwohl die Post lauthals mit "GoGreen" wirbt.

Das Unternehmen meint, dass sich die neue Struktur zumindest im Stadtosten rechnet: "Briefe und Pakete in einem Aufwasch, das ist viel effizienter", meint Post-Pressesprecher Erwin Nier. Statt einem großen Paket-Lastwagen und einem radelnden Brieträger fährt nur noch ein Postmitarbeiter im Auto herum und erledigt beides.

Ein Berg von Überstunden

Das Projekt läuft dauerhaft in zehn der rund 200 Nürnberger Zustellbezirke. Es soll nicht ausgeweitet werden. Ob es sich für die Post tatsächlich wirtschaftlich auszahlt, weiß nur das Unternehmen - und es schweigt mit Blick auf die Konkurrenz.

Beredte Klage führen dagegen betroffene Postboten: Von einem Berg von Überstunden ist die Rede, einer "extrem schlechten und katastrophalenStimmung" unter den Kollegen und auch von unzufriedenen Kunden, die über zugeparkte Seitenstraßen schimpfen.

 Denn der Zusteller hat bei weitem nicht immer, wenn er sein Auto anhält, einen regulären Parkplatz. Daher steht er in Einfahrten oder mitten auf der Straße. Wenn dann ein Anwohner vorbeifahren möchte, ist die Fahrbahn häufig blockiert. Natürlich versuche man, derartige Konflikte zu vermeiden, meint ein langjähriger Zusteller, aber bis man einen richtigen Stellplatz findet, ist man in vielen Fällen zu weit von den Briefkästen entfernt und muss wieder zurücklaufen.

StreetScooter statt Diesel

"Mir kommt mein Postbote gestresster und gehetzter vor als früher", sagt Lehrer Dietmar Hof. Ihn stört, dass der Motor des Post-Pkw manchmal weiter läuft, während der Fahrer die Briefe in die umliegenden Briefkästen wirft. Mit Blick auf die aktuelle Diesel-Debatte sei dies nicht gerade der optimale Beitrag zur Luftreinhaltung.

Elektrische StreetScooter, welche die Post selbst produzieren lässt, sollen die Diesel-Lieferwagen ablösen. In ländlichen Gebieten sind die umweltfreundlichen Gefährte schon im Einsatz. In Nürnberg ist der erste Versuch gescheitert, die StreetScooter gingen kaputt. Eventuell gibt es bis zum Jahreswechsel einen neuen Anlauf.

Von einem Überstunden-Berg der betroffenen Postboten weiß Post-Pressesprecher Nier nichts. In Einzelfällen könne es Probleme geben. Dass anfangs "Sand im Getriebe" war, sei bei einer neuen Arbeitsstruktur nicht ungewöhnlich. Es werde aber auch niemand auf die Touren im Nürnberger Osten gezwungen. Eventuell könnten unzufriedene Mitarbeiter ihren Bezirk wechseln und wieder mit dem Rad unterwegs sein. Nur: Dazu braucht es auch tauschbereite Kollegen.

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