„Bei der Feuerwehr muss man am Ball bleiben“

2.5.2016, 16:45 Uhr
„Bei der Feuerwehr muss man am Ball bleiben“

© Foto: Roland Fengler

Herr Ketterer, wie sind Sie zur Freiwilligen Feuerwehr gekommen?

Thomas Ketterer: Das lag bei mir in der Familie. Viele Verwandte waren schon in der Feuerwehr, mein Vater war über 40 Jahre dabei. Deshalb war das für mich immer ein Thema.

 

Was fasziniert Sie daran, Feuerwehrmann zu sein?

Ketterer: Zuallerst die Freude daran, Menschen zu helfen. Wer die nicht hat, braucht nicht zur Freiwilligen Feuerwehr. Denn wir verdienen ja damit kein Geld, sondern machen das ehrenamtlich neben dem Beruf. Da freut man sich dann schon, wenn man Anerkennung bekommt – und damit mein ich nicht Präsentkörbe, sondern einfach Dank und Respekt. Was mir auch gut gefällt, ist die Kameradschaft, denn Feuerwehrarbeit ist immer Teamarbeit, bei der man sich auf seine Kollegen verlassen muss.

 

Gibt es auch Schattenseiten?

Ketterer: Oft sind die Einsätze sehr spät, wenn man sich schon auf Feierabend eingestellt hat. Und natürlich gibt es manchmal auch wirklich schlimme Erfahrungen. Ein Einsatz an einem Unfallort mit viel Blut etwa. Oder wenn jemand trotz der Hilfe der Feuerwehr zu Tode kommt.

 

Wie gehen sie mit solchen Erfahrungen um?

Ketterer: Grundsätzlich setzen wir uns nach jedem Einsatz noch zusammen und reden darüber, was jeder erlebt hat. Wenn da sieben Leute beisammen sind, haben wir oft fünf völlig unterschiedliche Sichtweisen. Wenn das Gespräch in unserem Kreis nicht mehr hilft, gibt es einen professionellen Feuerwehr-Seelsorger, der die Kameraden berät, wenn der Einzelne oder die Gruppe nicht mehr weiterkommt.

 

Angst zu haben ist also kein Tabuthema?

Ketterer: Überhaupt nicht! Das war es früher mal, vielleicht vor dreißig Jahren, als man noch sagte: ,Wenn Du das nicht packst, dann darfst Du nicht zur Feuerwehr‘. Aber das Zugunglück von Eschede, in dessen Folge sich auch traumatisierte Feuerwehrleute umbrachten, hat alles verändert. Seitdem gehen wir sehr sensibel mit dem Thema um.

 

Wie wichtig ist denn eine freiwillige Feuerwehr? Reicht die Berufsfeuerwehr nicht aus?

Ketterer: Gerade bei uns auf dem Land sind die Freiwilligen äußert wichtig. Die Berufsfeuerwehr aus Nürnberg verliert regelmäßig wertvolle Minuten wegen den Staus auf den Straßen. Da ist es gut, wenn wir schnell vor Ort sind. Aber sonst arbeiten wir in allen Belangen zusammen. Und die Berufsfeuerwehr bildet auch die jungen Feuerwehrmänner aus.

 

Wie sieht es denn bei Ihnen mit dem Nachwuchs aus?

Ketterer: Es könnte besser sein. Die jungen Leute wollen gern schnell von einem zum anderen – heute mal dabei, morgen wieder nicht. Bei der Feuerwehr geht das aber nicht. In einem Fußballverein ist es vielleicht mal okay, wenn einer nicht trainiert hat und nur zum Spiel kommt. Bei der Feuerwehr geht es aber um Leben und Tod. Nicht nur für die Opfer, sondern auch für die Kameraden. Da muss man wirklich am Ball bleiben und darf keine Übung auslassen.

 

Am heutigen Mittwoch findet eine große Gemeinschaftsübung mit den Freiwilligen Feuerwehren aus Buch und Almoshof statt. Was passiert da?

Ketterer: So eine Großübung machen wir einmal im Jahr. Hier werden bis zu 15 Einzelübungen unter nahezu realen Bedingungen zusammengefasst. Diese Übung ist sehr wichtig, weil das Zusammenspiel mehrerer Einheiten unter Einsatzbedingungen abläuft. Ich habe sie mir dieses Jahr ausgedacht und sie geplant. Es wird ein Wohnhausbrand simuliert.

Was passiert bei so einer Übung?

Ketterer: Wir fackeln nicht immer Gebäude ab, aber wir versuchen, die Umstände möglichst realistisch nachzustellen, etwa indem wir Folien über die Helme ziehen, die Rauch simulieren. Das ist aber immer nur eine Annäherung: Ein echtes Feuer ist schon von der Hitze und dem Geruch her völlig anders.

 

Wie lange muss jemand üben, bis er an einem echten Einsatz teilnehmen kann?

Ketterer: Wer Feuerwehrmann werden will, was bei uns ab 16 Jahren möglich ist, muss zuerst einen Kurs absolvieren, der ein Vierteljahr dauert und mit einer theoretischen und praktischen Prüfung bei der Berufsfeuerwehr endet.

 

Können eigentlich auch Frauen Feuerwehrmänner werden?

Ketterer: Natürlich. Von den körperlichen und geistigen Voraussetzungen gibt es da keine Unterschiede. Es gibt ja auch sehr viele Frauen in Nürnberg. Bei uns in Neunhof sind wir zurzeit aber nur Männer. Das liegt auch daran, dass in unserem Gerätehaus nur eine Dusche und Toilette vorhanden sind.

 

Ist Ihr Gerätehaus – wie so viele andere in Nürnberg – also auch sanierungsbedürftig?

Ketterer: Allerdings! Auf der Dringlichkeitsliste der Stadt stehen wir an sechster Stelle. Die ersten fünf müssen abgerissen und komplett neu gebaut werden. Unseres ist das Erste, bei dem eine Sanierung gerade noch hilft. Wir hoffen, dass das in den nächsten sechs Jahren klappt, damit wir zu unserem 150-jährigen Bestehen im Jahr 2022 dort feiern können.

 

 

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