"Bella Casa": Der Betrug hinter der noblen Fassade

20.3.2018, 05:31 Uhr
Gediegener Schick bestimmte das Bild des Einrichtungshauses "Bella Casa" an der Gleißbühlstraße.

© Roland Fengler Gediegener Schick bestimmte das Bild des Einrichtungshauses "Bella Casa" an der Gleißbühlstraße.

Die Vorwürfe sind massiv, die zu erwartenden Freiheitsstrafen auch: Seit April 2012 prellten Heinz H. (70) und seine Ehefrau Petra H. (65) angeblich den Fiskus, Gläubiger und Kunden – nun müssen sich beide vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth verantworten, Petra H. sitzt bereits seit Mai 2017 in U-Haft. Trifft die Anklage zu, wird sie ihre Freiheit lange verlieren. Die 12. Strafkammer, so heißt es zu Prozessbeginn – im Vorfeld der Verhandlung hatten sich Richter, Anwälte und Ankläger zu Gesprächen getroffen –, stellt sich etwa sechseinhalb Jahre Freiheitsstrafe für die Frau vor, ihr Gatte Heinz H. muss mit dreieinhalb Jahren Haft rechnen.

Ginge es nach Staatsanwalt Mark Leppich, würden beide ein gutes Jahr länger hinter Gitter wandern, den Verteidigern Alexander Wagner und Antje Steiner schwebt ein geringeres Strafmaß vor. Die Angeklagten selbst schweigen zu den Vorwürfen, obgleich sich Petra H. geständig zeigte, als Polizei und Staatsanwalt noch ermittelten. Die Geschichte des Einrichtungshauses "Bella Casa" beginnt, zumindest im Handelsregister, im Jahr 1995. Zuletzt residierte das Geschäft in der Gleißbühlstraße 13 nahe dem Hauptbahnhof. Im Februar 2017 meldete Heinz H. Insolvenz an. Dazwischen wurde zweieinhalb Jahrzehnte mit Möbeln gehandelt und Inneneinrichtungen geplant, und immer wieder geriet das Paar ins Visier der Justiz, zeitweise lief das Geschäft unter dem Namen der Tochter als Alleingesellschafterin – sie fungierte als "Strohgeschäftsführerin", heißt es in der Anklageschrift.

Führungszeugnis listet weitere Einträge auf

Tatsächlich plante Petra H. als Artdirektorin und Innenarchitektin Kundenaufträge, sie verhandelte mit Geschäftspartnern und Kreditgebern. Ihr Gatte Heinz H. war für die Buchführung und die Betriebsorganisation zuständig und manipulierte, so der Staatsanwalt, die Jahresabschlüsse. Bereits im März 1999 landete das Paar in Augsburg vor dem Amtsgericht, beide wurden damals wegen Konkursverschleppung verurteilt, beide erhielten Bewährungsstrafen. Im Juni 2003 hob Petra H. die Hand zur eidesstattlichen Versicherung, im Jahr 2006 kam sie vor Gericht erneut mit einem blauen Auge davon – sie hatte vom Konto einer Kundin fast 15.000 Euro abgeräumt.Nur weil die Zahlungen storniert, die Gelder zurückgebucht werden konnten, erhielt sie wieder die Chance zur Bewährung, diesmal wurde sie wegen neun Fällen des Betrugs und der Urkundenfälschung vom Amtsgericht Nürnberg verurteilt.

Auch das Führungszeugnis von Heinz H. listet weitere Einträge auf, von Trunkenheit am Steuer und Fahrerflucht ist im Landgericht die Rede. Was auffällt: Reichtümer wurden in dem edlen Einrichtungshaus trotz der ehrgeizigen Preise offenkundig nicht erwirtschaftet – zumindest gab Petra H. in diesen früheren Verfahren an, Verkäuferin mit einem Nettoverdienst von 700 Euro zu sein. Und als Heinz H. mit seinem Daimler versehentlich ein anderes Auto rammte, wurde seine Geldstrafe mit einer so geringen Tagessatzhöhe berechnet, dass scheinbar auch sein Salär monatlich kaum 1000 Euro betrug.

Pleite angeblich verschleppt 

Treffen die aktuellen Vorwürfe zu, füllte das Ehepaar seine Haushaltskasse mit viel krimineller Energie. So soll die 65-Jährige beispielsweise an Geschäftspartner Waren verkauft haben, die es gar nicht gab, um an Geld zu kommen, leaste sie die Waren zurück. Zudem soll sie Firmen und Privatpersonen immer wieder Darlehen abgeschwätzt haben, dabei gaukelte sie angeblich Sicherheiten vor, die es gar nicht gab.

Doch damit nicht genug: Obwohl die "Bella Casa" seit Juli 2016 zahlungsunfähig war, verschleppten die Angeklagten die Insolvenz, erst im Februar 2017 ging Heinz H. zum zuständigen Amtsgericht – vier Millionen 155.816 Euro und 37 Cent meldeten Gläubiger an. Laut Anklage wusste Petra H. genau, dass ihr Geschäft "Bella Casa" seit Jahren im wirtschaftlichen Koma lag – und nur durch die Manipulation der Buchhaltung und Steuerhinterziehung am Leben erhalten wurde. Der Prozess wird fortgesetzt, derzeit kalkuliert die Strafkammer mit elf Verhandlungstagen.