Braucht Nürnberg abseits der Messen so viele Hotels?

28.1.2015, 06:00 Uhr
Braucht Nürnberg abseits der Messen so viele Hotels?

© Michael Matejka / Montage: bb

Die Klage hielt sich kontinuierlich über Jahre: Nürnberg hat nicht genügend Betten, Nürnberg braucht mehr Hotels, Nürnberg braucht vor allem mehr hochpreisige Hotels. Gewünscht und gewollt wurde dies vor allem von der NürnbergMesse und der Spielwarenmesse. Immerhin werden allein zur Spielwarenmesse rund 75.000 Fachbesucher erwartet. Zur weltgrößten Bio-Messe BioFach und der begleitenden Naturkosmetik-Messe Vivaness, die zwei Wochen später stattfindet, rechnet der Veranstalter mit etwa 42.000 Gästen.

Vor rund zehn Jahren setzte er schließlich ein, der Bauboom. Seitdem entsteht in Nürnberg ein Hotel nach dem anderen, und vor allem: neben dem anderen. Allein die Bahnhofsstraße – lange Ort diverser abrissreifer Gebäude – ist so zu einer wahren Hotelmeile mutiert: Jetzt gibt es hier unter anderem ein Motel One Hotel, ein NH Hotel, ein Hampton by Hilton und bald auch ein zweites Nürnberger Novotel.

Mehr als zehn Hotels entstanden so in den vergangenen Jahren – meist Ableger großer und internationaler Ketten. Doch ist der Bedarf tatsächlich so hoch? Oder hinterlässt der Bauboom auch Verlierer? Wenn ja – wen wird es treffen?

„Prinzipiell ist es erst einmal eine große Chance für Nürnberg“, sagt Daniela Hüttinger, Inhaberin des Hotels „Drei Raben“ und zweite Vorsitzende der hiesigen Congress- und Tourismuszentrale. Allem voran für die Stadt. „Wir haben jetzt alles hier – von großen internationalen Ketten bis zu kleinen familiär geführten Betrieben“, sagt die Fachfrau. „Das ist schön – wir brauchen alles.“

"Nachvollziehbarer Vorgang"

Doch kein Licht ohne Schatten. Denn waren die Hotels bislang breit über Nürnberg gestreut, konzentrieren sich die Übernachtungsmöglichkeiten jetzt vor allem direkt um den Stadtkern herum. „Wer mittelfristig darunter leiden wird, sind vor allem die Gästehäuser an der Stadtgrenze und besonders in den Bezirken außerhalb der Stadt“, sagt Hüttinger.

Denn bislang reichten gerade in den ersten Messetagen die Nürnberger Kapazitäten hinten und vorne nicht. Und wo die Nachfrage das Angebot deutlich übersteigt, da steigen auch die Preise. So kostete ein Hotelzimmer auch schnell das Fünffache.

Und das tun sie noch immer. Ein Indiz dafür, dass die Hotels gut ausgelastet sind. „Wir haben für den ersten Tag der Spielwarenmesse noch ein Einzelzimmer frei“, sagt Sibylle Übelherr, Verkaufsdirektorin des Nürnberger Maritim-Hotels. Die Preise seien „tagesaktuelle Raten“.

„Ein nachvollziehbarer Vorgang“, meint Daniela Hüttinger. Schließlich werde an Messetagen ein Großteil des Jahresumsatzes eingespielt. „Die Auslastung wird für Nürnberg mit durchschnittlich 45 Prozent angegeben.“ Davon entfalle auf Häuser im Zentrum deutlich mehr. „Am Ende werden wir in der Region nicht um eine Konsolidierung des Hotelmarktes herumkommen“, sagt die Expertin. Eine negative Seite des Baubooms. Hüttinger sieht damit auch „die Vielseitigkeit der hiesigen Hotellandschaft in Gefahr“.

Doch wie behauptet sich ein „alteingesessener Betrieb“ wie das Maritim, das immerhin schon fast 30 Jahre auf der Fassade hat, gegen die Neuen? Noch spüre man die Konkurrenz nicht, berichtet Sibylle Übelherr. „Unsere Messekunden buchen in der Regel gleich wieder für das kommende Jahr – ob für die Spielwarenmesse, die BioFach oder die Brau Beviale.“

Dennoch geht sie davon aus, dass „die Stücke vom Kuchen für alle erst einmal kleiner werden“. Diese Entwicklung aufzuhalten, ist natürlich ein Thema. „Wir begegnen dem mit Investitionen, vor allem in die Technik, auch wenn das für den Kunden nicht so offensichtlich ist. So bieten wir seit einem halben Jahr kostenfreies Internet an.“ Ein besonderer Augenmerk soll auf der Stammkundenpflege liegen. Darin sieht Übelherr einen klaren Vorteil. „Herr Dalianis, unser Barchef, begrüßt die Gäste mit Handschlag und Namen. Das ist vielen Kunden unheimlich wichtig.“ Auch die Hotelbar als solche sieht die Managerin als Pluspunkt. „Klassische Hotelbars gibt es kaum noch. Bei neuen Hotels ist die Bar meist in die Lobby integriert.“

Die Nachfrage könnte einen weiteren Schub erfahren. „In Nürnberg könnten viel mehr Kongresse stattfinden. Aber mangels Kapazitäten muss derzeit jede zweite Anfrage abgelehnt werden“, weiß Hüttinger in ihrer Funktion als Tourismusexpertin und Stadträtin. Ein Thema, das in Nürnberg seit längerem heftig diskutiert werde. Doch gerade das sei ein echter Wirtschaftsfaktor für die Stadt: „Bei Kongressen bleiben die Besucher länger und sie feiern auch mehr.“ Bei Messen betrage die Aufenthaltsdauer im Durchschnitt zwei Tage.

Kleine Häuser finden

„Der Standort Nürnberg könnte in Zukunft noch stärker als bisher vom Kongressmarkt profitieren, wenn es gelänge, die räumliche Angebotslücke für Kongresse mit 500 bis 1000 Teilnehmern zu schließen“, sagt auch Roland Fleck, als einer von zwei Geschäftsführern der NürnbergMesse unter anderem für das Thema zuständig. „Kongresse sind ein Turbolader für jeden Hotelstandort, auch in der Frankenmetropole."

Und nicht nur das: Menschen, die geschäftlich zu Messen und Kongressen reisen, kämen auch privat gerne wieder. Immerhin seien ein Viertel aller Übernachtungsgäste Touristen. 2,66 Millionen Übernachtungen zählte Nürnberg im Jahr 2013, fünf Jahre zuvor waren es 1,8 Millionen. Allerdings zählte die Stadt vor der Finanzkrise 2008 auch schon einmal 2,8 Millionen Übernachtungen. „Hier ist das Potenzial also noch lange nicht ausgeschöpft.“

Doch bei all den neuen, großen Hotels – wie finden die Gäste zu den kleinen Häusern? „Immer mehr Menschen kommen über Internetbuchungsportale“, sagt Hüttinger als Hotelinhaberin des „Drei Raben“ mit 22 Zimmern. Und da suchten sie oftmals nach gewissen Attributen – nach dem Besonderen, dem Persönlichen, vor allem nach Service. „Das ist die Chance für kleinere Privathotels.“

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