Dani Karavan bekommt Ehrenbürgerwürde verliehen

20.10.2018, 14:08 Uhr
In Nürnberg schuf Karavan 1993 die Straße der Menschenrechte an der Kartäusergasse. Das Kunstwerk war eine Auftragsarbeit zum Neubau des Germanischen Nationalmuseums.

© Athina Tsimplostefanaki In Nürnberg schuf Karavan 1993 die Straße der Menschenrechte an der Kartäusergasse. Das Kunstwerk war eine Auftragsarbeit zum Neubau des Germanischen Nationalmuseums.

Bei einem Festakt im Rathaussaal verleiht Oberbürgermeister Ulrich Maly Karavan an diesem Sonntagabend (18 Uhr) die Ehrenbürgerwürde. Die Auszeichnung fühle sich "etwas seltsam" an. Aber er verstehe sie auch als "eine Art Triumph über Hitler und das Nazi-Regime", sagte der 87-Jährige der Nürnberger Zeitung. "Ich glaube, Hitler wird im Grab rotieren. Ein Jude wird geehrt, und Nürnberg ist nicht mehr die Stadt des Rassismus und Antisemitismus."

Dani Karavan kam 1930 in Tel Aviv zur Welt, wo er bis heute lebt. Seine Eltern waren 1920 aus Lemberg in Polen nach Palästina eingewandert. Alle Angehörigen seiner Familie, die zurückblieben, wurden im Holocaust ermordet. Die Erinnerung an Verfolgung und Unterdrückung wurde Thema in Karavans Kunst. In Berlin schuf er 2012 ein Mahnmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma. Am Jakob-Kaiser-Haus des Deutschen Bundestags gestaltete er Glaswände mit Grundrechtsartikeln. Bekanntheit erlangte er auch mit einem Denkmal für den jüdischen Philosophen Walter Benjamin, der sich 1940 im spanischen Küstenort Portbou das Leben nahm. Karavan begann seine Laufbahn mit Wand- und Bühnenbildern und konzentrierte sich später auf Skulpturen für den öffentlichen Raum, die das Publikum zum Durchwandern auffordern.

In Nürnberg schuf Karavan 1993 die Straße der Menschenrechte an der Kartäusergasse. Das Kunstwerk war eine Auftragsarbeit zum Neubau des Germanischen Nationalmuseums. Es besteht aus acht Meter hohen Betonsäulen, einer Eiche, zwei Bodenplatten und einem Tor. Die Säulengalerie ist 175 Meter lang und stellt die 30 Artikel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte in Deutsch und 30 verschiedenen Sprachen dar. Die Anlage ist mit ihrer klaren Formensprache als Treffpunkt für Friedensdemonstrationen und als Fotomotiv beliebt. Er habe es vor 25 Jahren nicht für möglich gehalten, dass das Kunstwerk eine nachhaltige Wirkung haben könnte, sagte Karavan. "Heute glaube ich, dass es Nürnberg erfolgreich zu einer Stadt der Menschenrechte gewandelt hat." Insofern sei es vielleicht sogar die wichtigste seiner politischen Arbeiten.

Eintreten für Rechte der Palästinenser

Der Israeli versteht sich als politischer Künstler und ist für seine scharfe Kritik an der israelischen Regierung bekannt. Mit seinem Eintreten für die Rechte der Palästinenser eckt er regelmäßig an. "Was unsere Regierung tut, ist fürchterlich", sagte Karavan im NZ-Interview. "Angela Merkel ist eine großartige Persönlichkeit. Sie vertritt mit ihrer Flüchtlingspolitik weit mehr jüdischen Geist." Karavan gehört seit 1995 der Jury für den Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreis an. Nach dieser Saison werde er sich aus Altersgründen als Juror zurückziehen, kündigte er an.

Karavan ist der erste ausländische Ehrenbürger der Stadt sowie der erste jüdische Ehrenbürger nach 1945. Nürnberg führte die Ehrenbürgerwürde im Jahr 1819 ein, um Personen zu ehren, die sich um die Stadt besonders verdient gemacht haben. Lebende Träger dieser Auszeichnung sind die CSU-Politiker Günther Beckstein und Oscar Schneider sowie die SPD-Politikerin Renate Schmidt.

Am Dienstag, 23. Oktober, findet auf der Straße der Menschenrechte ein Bürgerfest zum 25-jährigen Bestehen statt. Ab 17.30 Uhr ist die Öffentlichkeit zum gemeinsamen Singen und zum Gruppenfoto eingeladen – mit Dani Karavan, versteht sich. Eine Ausstellung zu seinem Lebenswerk läuft bis zum 2. Dezember in der Kreis-Galerie, Kartäusergasse 14.

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