Daniela Schadt: Meine Kleidung bezahle ich selber

2.1.2013, 11:00 Uhr
Daniela Schadt: Meine Kleidung bezahle ich selber

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Eine Illustrierte hat neulich eine Titelgeschichte über Daniela Schadt veröffentlicht – ohne auch nur mit ihr gesprochen zu haben. Den NZ-Lesern wollten wir eine solche Schmach ersparen: Sie hatten die Möglichkeit, unserer langjährigen NZ-Kollegin und Lebensgefährtin von Bundespräsident Joachim Gauck Fragen zu stellen. Hier sind ihre Antworten – frisch aus Berlin!

Wie war es, der Queen die Hand zu schütteln und einen Knicks vor ihr zu machen?

Daniela Schadt: Eine solche Begegnung ist natürlich eindrucksvoll, das hätte ich mir vor Jahresfrist ja nie träumen lassen, im Buckingham-Palast empfangen zu werden. Aber Königin Elizabeth und Prinz Philip waren so freundlich und interessiert, dass keine Befangenheit aufkam.

Vermissen Sie das Essen der NZ-Kantine?

Schadt: Nichts gegen unsere NZ-Kantine – nur habe ich sie nicht so ausgiebig genutzt, weil ich seit meiner Studienzeit eher selten zu Mittag esse, sondern mir abends selbst etwas koche. In der Redaktion habe ich mich mit belegten Broten von zu Hause über Wasser gehalten – oder mit Käsebrezen beziehungsweise Kuchen aus der Automatenkantine.

Kommen Sie noch zum Lesen der NZ?

Schadt: Na klar – ohne  NZ ist der Tag doch nicht komplett! Und außerdem will ich doch wissen, was in Nürnberg so passiert.

Vermissen Sie das Nürnberger Nachtleben?

Schadt: Da hegt jemand illusorische Vorstellungen vom Arbeitsalltag eines politischen Redakteurs: Damit die Zeitung möglichst aktuell ist, wird schließlich bis in den Abend hinein gearbeitet. Und weil man anschließend erst einmal was Gescheites essen muss, bleibt fürs Nachtleben nicht so furchtbar viel Zeit. Aber an lauen Sommerabenden in den Biergarten – das vermisse ich schon.

Wie stehen Sie zu der Anrede „First Lady“?

Schadt: Weder die Funktion noch die Anrede gibt es ja offiziell in Deutschland, und ehrlich gesagt finde ich den Ausdruck auch nicht besonders passend. Da er aber kurz und knapp ist und jeder gleich weiß, wer gemeint ist, wird er sozusagen aus praktischen Gründen verwendet – das lässt sich wohl kaum abstellen.

Ist Ihr Handy ständig eingeschaltet?

Schadt: Sollte es eigentlich, aber weil ich es bei Terminen oder Gesprächen meist abstelle und dann vergesse, es wieder einzuschalten, hat man doch etwas Ruhe zwischendurch.

Sind Sie mittlerweile Personen begegnet, über die Sie nicht so positiv in der NZ geschrieben haben?

Schadt: Natürlich habe ich in 25 Jahren viele Entscheidungen politischer Amtsträger kritisch unter die Lupe genommen. Aber ich habe mich immer bemüht, fair zu bleiben. Überhaupt ging es in meinen Kommentaren in der Regel weniger um Personen, sondern eher um Strukturen, Strömungen oder den Sinn und Zweck bestimmter Vorhaben. Klar wurden manche Personen dabei auch gezaust – aber Häme war und ist nicht meine Sache.

Ob auf Staatsbesuch in Holland...

Ob auf Staatsbesuch in Holland... © dpa



Was war in Ihrer Amtszeit der größte Fettnapf, in den Sie getreten sind?

Schadt: Als ich Fürstin Charlene von Monaco kurz auf die Schleppe getreten bin. Obwohl – so dramatisch war das gar nicht: Ein kurzes „uups“, und dann haben wir beide gelacht. Allerdings fand das Ganze vor einer Phalanx von Pressefotografen statt. Aber wenn ich ehrlich bin: Als Redakteurin hätte ich das Bild wohl auch in die Zeitung gebracht.

Wie schafft frau es als First Lady, bei all den Pflichtterminen die anspruchsvollen Journalisten mit immer neuen Kleidern zufriedenzustellen?

Schadt: Immer neue Kleider sind gar nicht nötig. Aber natürlich sieht mein Kleiderschrank heute etwas anders aus als noch vor einem Jahr. Wobei ich einen Grundstock brauche, den ich im Zweifelsfall kombinieren kann. Wie ich dann dazu komme, ist Privatsache – und weil es alle interessiert: die Bezahlung ist es auch! Da heißt es also, sich ins Getümmel zu stürzen und zu gucken, ob etwas Passendes dabei ist. Hört sich lustvoll an, kann aber unter Termindruck zu leichtem Nervenflattern führen. Bevor es hier in Berlin für mich so richtig losging, hat mir meine Schwester geholfen, etwas Ordentliches zum Anziehen zu finden. Leider lebt sie nicht in Berlin, und so muss ich meist alleine suchen.

Haben Sie noch private Zeit zu zweit?

Schadt: Ja, aber natürlich nicht genug. Den meisten arbeitenden Menschen dürfte es ähnlich gehen.

Wie sieht der Tagesablauf einer First Lady aus?

Schadt: Das variiert, denn ich habe ja keine festen Arbeitszeiten. Richtig kernig ist es bei Staats- oder Antrittsbesuchen, da fährt man frühmorgens los und kommt meist erst in der Nacht zurück; die Zeit dazwischen ist mit Gesprächen, dem Besuch von Parlamenten, Unternehmen und sozialen Einrichtungen fast lückenlos durchgetaktet. Hier in Berlin ist es für mich natürlich ruhiger. Es gibt zwar Tage, da habe ich drei bis vier Termine – Gespräche mit Bildungsexperten, Empfang von Vertretern verschiedener Hilfsorganisationen, Besuch von Veranstaltungen, Gespräche mit den Ehefrauen ausländischer Staatsgäste, – aber manchmal auch nur einen. Mal bin ich mit Joachim unterwegs, mal alleine. Oder ich bleibe im Büro, um Briefe oder Anfragen zu beantworten beziehungsweise den Terminplan abzuklären. Freie Tage gibt es auch, allerdings füllt sich der Kalender meist recht schnell, wenn irgendwo eine weiße Seite leuchtet. Der Bundespräsident hat natürlich noch einen viel engeren Zeitplan.

Was wollten Sie den Menschen schon immer einmal gesagt haben und konnten das nie tun?

Schadt: Zum Präzeptor habe ich nun wirklich kein Talent, also verweise ich lieber auf Konfuzius: „Es ist besser, ein einziges kleines Licht anzuzünden, als über die Dunkelheit zu klagen.“

...oder beim Knicks vor Queen Elizabeth – das Leben von Daniela Schadt hat sich um 180 Grad gedreht. Den NZ-Lesern berichtet sie davon.

...oder beim Knicks vor Queen Elizabeth – das Leben von Daniela Schadt hat sich um 180 Grad gedreht. Den NZ-Lesern berichtet sie davon.



Gibt es eine Frage, auf die Sie nie antworten würden?

Schadt: Eine? Dutzende! Wie wohl jeder Mensch, der noch seine fünf Sinne beisammen hat.

Was ist Ihre schönste Kindheitserinnerung?

Schadt: Da gibt es glücklicherweise viele. Das Grundgefühl meiner Kindheit war die Geborgenheit in einer großen Familie mit Oma, Eltern, Schwester, vielen Onkeln und Tanten, Cousinen und Cousins, die sich sehr nahestanden; wir haben uns ständig gesehen, viel miteinander gefeiert und dabei viel Spaß gehabt. Wie das so ist, lebt die junge Generation inzwischen verstreut über ganz Deutschland, und manche sind sogar im Ausland, aber Kontakt haben wir noch immer, und das erfüllt mich bis heute mit Glück und Dankbarkeit.

Worüber sind Sie glücklich?

Schadt: Ach, da gibt es so vieles! Aber am schönsten ist, dass ich immer wieder Menschen begegnet bin, deren schiere Existenz mein Leben reicher macht.

Was möchten Sie den jungen Leuten mit auf den Lebensweg geben?

Schadt: Na, das hat ja schon in meiner Jugend immer prima geklappt mit der Vermittlung von Altersweisheiten an die nachfolgende Generation. Deshalb nur so viel: Selber denken macht schlau. Selber Handeln macht noch schlauer; das gilt übrigens für alle Altersklassen. Und wenn ihr dabei mal auf die Nase fallt, dann orakelt nicht gleich von einer Weltverschwörung, sondern rappelt euch auf (ein bisschen Unterstützung von außen ist dabei gegebenenfalls sehr hilfreich und durchaus nicht ehrenrührig) und zitiert meine Oma: „Wer weiß, wozu das gut ist!“

Welche Bedeutung messen Sie der Tageszeitung, zum Beispiel der NZ, bei? Was erwarten Sie als Leserin?

Schadt: Ich bin ein Zeitungsmensch und werde es immer bleiben. Auch im Radio und im Fernsehen gibt es wunderbare und seriöse Berichte, aber sie „versenden“ sich leider schnell; eine Zeitungsseite hingegen kann man sich aufheben und bei Bedarf wieder hervorholen, da hat man dann alles Schwarz auf Weiß. Mit dem Internet schließlich kann, was die Masse an Informationen betrifft, sowieso kein Medium mithalten, indes: Was nutzt es mir, bei einem Thema 100000 „Treffer“ oder mehr zu landen, wenn ich nicht davon ausgehen kann, dass die Beiträge auch alle seriös sind? Abgesehen davon finde ich im Netz meist nur, was ich suche. In der Zeitung dagegen finde ich oft, was ich gar nicht gesucht habe, weil ich nicht einmal ahnte, dass es interessant sein könnte. Eigentlich wollte ich nur wissen, wie der Club gespielt hat, bleibe aber beim Blättern an einer Kritik im Feuilleton hängen, und beschließe im Idealfall, mal wieder in die Oper zu gehen. Die Mischung aus allen Bereichen des öffentlichen Lebens finde ich unverzichtbar. Und dass der Platz begrenzt ist, muss kein Nachteil sein. Als Leserin erwarte ich, dass ich nach der Lektüre eines Artikels wenigstens ein bisschen klüger bin als zuvor, und dass es dem Autor um die Sache geht, nicht um die Verbreitung seiner eigenen Weltsicht.

Wann waren Sie besonders mutig?

Schadt: Ich würde ja gerne behaupten: Als ich damals im Hanauer Freibad vom Sieben-Meter-Turm gesprungen bin – aber in Wahrheit war das eher feige als mutig: Ich hatte Angst vor der Blamage, wenn ich gekniffen hätte. Immerhin, ein bisschen Mut gehört wohl schon dazu, quasi kopfüber in ein neues Leben zu springen.

Mit welchen Menschen sind Sie gerne zusammen?

Schadt: Mit Menschen, deren Selbstbewusstsein so stabil ist, dass sie sich manchmal sozusagen auch von außen betrachten und gegebenenfalls über sich selbst lachen können.

Was würden Sie machen, wenn Sie keine Journalistin geworden wären?

Schadt: Ich wollte Journalistin sein, solange ich denken kann, etwas anderes kam für mich nie in Frage.

Haben Sie ein Lebensmotto?

Schadt: Der Appell, den Johannes Paul II. unmittelbar nach seiner Wahl zum Papst an die Menge auf dem Petersplatz richtete: „Habt keine Angst!“

Welche Person wären Sie gern in der Geschichte?

Schadt: Niemand Bestimmtes. Natürlich hätte ich gerne mal im alten Athen oder im Florenz der Renaissance gelebt, einfach um zu wissen, wie es da so war; wahrscheinlich würde ich jedoch Errungenschaften wie Zentralheizung, heiße Duschen und vor allem Tageszeitungen arg vermissen. Also bleibe ich lieber im Heute und die, die ich bin.

Gibt es eine Frage, auf die Sie gerne antworten möchten, die Ihnen aber noch nicht gestellt wurde?

Schadt: Das ist der Traum eines jeden Politikers: Sich selbst die Fragen zu stellen, auf die man passgenaue, brillant formulierte Antworten parat hat! Aber ich bin keine Politikerin – und es wäre ja noch schöner, wenn ich den Kollegen Journalisten die Arbeit abnähme...
 

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