"Der Club braucht einen Bekloppten"

8.5.2014, 13:09 Uhr
Claudia Wunder, in Nürnberg geboren, schreibt seit dem 6. Spieltag Kolumnen für das Clubexpertenforum.

© Hans-Joachim Winckler Claudia Wunder, in Nürnberg geboren, schreibt seit dem 6. Spieltag Kolumnen für das Clubexpertenforum.

"Wer jetzt noch hofft, ist selbst schuld. Ich nicht mehr. Nach dem desaströsen, blutleeren "Auftritt“ am vergangenen Samstag gegen Hannover ist der 1. FC Nürnberg, der Club meines Herzens, abgestiegen - allen theoretischen Möglichkeiten zum Trotz. Adios erste Bundesliga, wer weiß, wann wir uns wiedersehen." 33 Spieltage lang wäre Claudia Wunder die letzte gewesen, der diese Sätze über die Lippen kommen. Doch jetzt ist Schluss, Ende, Aus.

In ihrer aktuellen Kolumne rechnet Claudia Wunder ab mit dem Club - und das auf einer Seite, auf der sonst nur Männer meckern. Sechs Fußball-Experten schreiben offiziell für das Clubexpertenforum. Die 41-Jährige ist die einzige Frau im Team. Die Tatsache, dass sie in ihrem Leben noch nie Fußball gespielt hat und eine "falsche 9" auf dem Spielfeld wohl eher nicht erkennen würde, hätte theoretisch der Anfang vom Ende sein können. Doch die Männer vom Fach schätzen ihre Beiträge, sicher auch deshalb, weil sie mit ihrem Stil die passende Ergänzung zu den taktischen Analysen ihrer Kollegen gefunden hat. "Ich schreibe subjektiver, emotionaler, eben aus der weiblichen Fansicht." Dafür kassiert sie regelmäßiges Lob - gern auch von Männerhand getippt. Via Facebook wird Claudia Wunder von Fans oft gefragt, ob sie in die Köpfe der anderen reinschauen könne, weil sie genau das ausspricht, was auch ihnen am Herzen liegt.

Auch wenn es abgedroschen klingt: Die Liebe zum Club wurde Claudia Wunder in die Wiege gelegt. So lange sie sich zurückerinnern kann, lief bei ihrer Großmutter die Spielübertragung im Radio.

Ihre Eltern sind dem FCN mit der Dauerkarte bis in die Regionalliga gefolgt. Sie selbst verfolgt den Club seit 20 Jahren, hat seit fast fünf Jahren eine Dauerkarte - und würde auch dabei bleiben, wenn der Club absteigt. "Dann schaut Frau Wunder eben die Spiele gegen Aue und Aalen", sagt sie über sich selbst. Die erste Auswärtsfahrt sei eh schon längst geplant. "Es ist halt der Club..."

Dazu, dass nun vielleicht ausgerechnet der Mannschaft aus der Nachbarschaft der Aufstieg gelingen könnte, hat die gebürtige Nürnbergerin eine ganz klare Meinung: "Ich weiß nicht, was die Spielvereinigung in der ersten Liga zu suchen hat." Den Fuß in den Ronhof setzen wolle sie jedenfalls nicht. Ein Lob hat sie dennoch für den Nachbarn: "Sie halten sich mit Häme zurück."

Wenn eintrifft, was die meisten befürchten, dann, so Wunder, muss sich viel ändern. "Der Club braucht einen Bekloppten" - das schrieb sie nach dem Spiel gegen Mainz - und zielte damit auf den Posten des Sportchefs. So kurz vor dem Abstieg wünscht sich die Oberasbacherin einen zweiten Mann neben Martin Bader, einen, der in sportlichen Dingen allein entscheiden darf und das Kaufmännische Bader überlässt.

Was auch immer am Samstag passiert, Claudia Wunder hat noch viele Fragen: "Wie geht es weiter mit unserem Glubb? Wer bleibt, wer geht? Tut sich etwas in der Vereinsstruktur? Wer übernimmt Verantwortung? Wer wird Trainer? Mir ist angst und bange."

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