Der erste Eindruck ist wichtig

18.4.2013, 00:00 Uhr
Der erste Eindruck ist wichtig

© Stefan Hippel

Ein Rollenspiel: Personalleiterin und Chef der Firma „Sauber“ sitzen an einem Tisch im Klassenzimmer und warten auf einen Bewerber. Die Schüler einer 8. Klasse sehen gespannt zu. Ein Klopfen an der Tür kündigt Kosta Z. (Name geändert) an, der sich für den Ausbildungsplatz zum Schreiner beworben hat. Karin Führ (58) ist in die Rolle der Personalchefin geschlüpft. Sie engagiert sich seit drei Jahren für den Verein Aktivsenioren Mittelfranken. Ihr Kollege ist Jürgen Schönborn (69).

Kosta (14) stellt sich vor und sofort werden einige klassische Bewerbungsthemen angesprochen: Warum er sich überhaupt für diese Stelle bewirbt und wieso er Schreiner werden will. Der Junge erzählt sofort von seinen Kindheitserlebnissen in Griechenland und von seinem Bruder als großem Vorbild. Die potenziellen Arbeitgeber nehmen Kosta unter die Lupe und gehen auf seine Persönlichkeit ein.

„Wie würden Sie mit Kunden umgehen?“ oder „Was sind Ihre besonderen Fähigkeiten?“ Alles Fragen, auf die der Jugendliche gut eingehen kann, aber manchmal ist er etwas zu ehrlich. Beispielsweise erklärt er ausführlich, dass er lieber im Betrieb mit anpacken will, anstatt mit Kunden zu verhandeln. Am Ende des Gesprächs, das immerhin fast eine Schulstunde dauert, gibt es noch eine letzte Frage zur Allgemeinbildung: „Lesen Sie Zeitung?“ Diese verneint der 14-Jährige, erklärt aber, dass er lieber Bücher liest. „Und wer ist unser Bundespräsident?“, hakt Jürgen Schönborn nach. „Sie meinen wohl Präsidentin“, sagt der Bewerber. Dass er Angela Merkel mit Joachim Gauck verwechselt, lässt die Interviewer traurig gucken.

Saubere Fingernägel

„Allgemeinbildung ist sehr wichtig“, erklärt Schönborn, „das zeigt Interesse am Weltgeschehen,“ Er selber hat über 25 Jahre lang als Chefdesigner bei der Firma Grundig gearbeitet. Dieses Vorstellungsgespräch ist eher ein Negativbeispiel, sagt er. Nun werden die Klassenkameraden gefordert: Was hat Kosta gut gemacht und was kann man besser machen? Das Fazit ist eindeutig: Der erste Eindruck zählt. Karin Führ hat 40 Jahre lang bei der Telekom gearbeitet und kennt sich aus. „Eine ordentliche Kleidung, saubere Fingernägel und eine aufrechte Haltung sind der erste Schritt zu einem erfolgreichen Bewerbungsgespräch.“ Man sollte sich an die Namen der Interviewer erinnern und Blickkontakt halten. „Bei der Begrüßung sagt man ,Guten Tag‘ anstatt ,Hallo‘, schließlich startet man ja mit der Lehre ins Erwachsenenleben“, erläutert Karin Führ. „Wir hätten Kosta nicht eingestellt, weil er sich zu wenig für unsere Firma interessierte.“ Doch die Klasse zieht positive Erkenntnisse aus dem Rollenspiel. „Ich habe mir das Gespräch viel leichter vorgestellt“, sagt Sophia Stampolidou (15), „die Namen der Firmenchefs werde ich mir auf einem Zettel aufschreiben.“ Auch Habib Kadrija (14) hat sich Tipps gemerkt: „Wenn mir etwas zu trinken angeboten wird, nehme ich ein Glas Wasser, weil beim Kaffee die Tasse klappern könnte, wenn ich aufgeregt bin.“ Dann setzen sich die fünf Coaches mit den Schülern einzeln zusammen, klären Fragen über deren Bewerbungsmappen und reden über ihre Pläne.

Das Projekt „Abenteuer der Berufe“ begleitet die 14 Schüler der Friedrich-Wilhelm-Herschel-Mittelschule seit der 5. Jahrgangsstufe. Ein eigenes Schulfach „Arbeit-Wirtschaft-Technik“ gibt Einblicke in die Berufswelt. Auf diesem Weg lernen sie Betriebe kennen und dürfen Experten befragen. Die Bürgerstiftung Nürnberg organisiert das Programm und wird von der IHK Mittelfranken unterstützt. Die Aktivsenioren sind Teil des Projekts. Sie führen Bewerbungsgespräche und korrigieren die Bewerbungsunterlagen. „Bei uns nehmen die Schüler die Dinge anders wahr als bei den Lehrern“, so Karin Führ. Hauptsächlich aber begleiten die Aktivsenioren Existenzgründer und beraten Unternehmer.

 

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