Die Parteien zu Dürers Triumphzug im Rathaussaal

12.8.2012, 15:31 Uhr
Die Parteien zu Dürers Triumphzug im Rathaussaal

Die NZ hat sich bei Stadtpolitikern umgehört, wie sie zu einer denkbaren Rekonstruktion der Fresken oder Wandmalereien stehen. Die Dürerschen Entwürfe sind nur zum Teil erhalten, und die auf Dürer fußenden Fresken aus den Jahren 1613/21 wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört. Doch geht es bei der Rekonstruktion auch darum, die Struktur der Komposition von Albrecht Dürer darzustellen. Diese Form der Annäherung ist aufgrund der Fotos aus dem Jahr 1905 und 1943/45 möglich. OB Ulrich Maly hat in einem NZ-Interview vor kurzem eine Rekonstruktion abgelehnt, sich aber für den Erhalt der multimedialen Zeitreise ausgesprochen. Der CSU-Bezirksvorsitzende Markus Söder möchte sich in die Debatte nicht einmischen, weil es eine Sache der Stadt ist.

Anja Prölß-Kammerer, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Stadtratsfraktion:

„Eine Rekonstruktion des Dürer’schen Triumphzugs Kaiser Maximilians ist aus Sicht der SPD-Stadtratsfraktion nicht nur aus kunsthistorischen Gründen, sondern auch finanziell eher kritisch zu sehen. Zum einen ist die originale Fassung nicht erhalten, und heute wäre lediglich eine Ausmalung auf der Basis der nach mehreren Überarbeitungen und Fassungen erhaltenen Fotografien aus den Jahren 1943 bis 1945 möglich (die pikanterweise diejenigen zur Dokumentation anfertigten, die für die Zerstörung nicht nur des Rathaussaales, sondern fast der gesamten Nürnberger Altstadt verantwortlich waren). Was wäre dann hier noch Dürer? Kann die Authentizität eines vergangenen Kunstwerks fast 70 Jahren nach dessen Untergang damit erhalten werden? Wir glauben, nein. Es ist eine gute Idee, die Bilder in einer multimedialen Präsentation zeitweise aufleben zu lassen. Dies könnte durchaus öfter geschehen, um nicht nur Touristen, sondern auch die Nürnberger an vergangenen Glanz zu erinnern.

Daneben steht das finanzielle Argument. Die Stadt Nürnberg wird kaum ein Projekt wie dieses stemmen können, solange dringend in Bildung und Betreuung sowie den ÖPNV investiert werden muss. Gegen diese zwingenden Erfordernisse wäre die Ausmalung des Rathaussaales ,nice to have‘ aber nicht ,must be‘.

Der Saal präsentiert sich derzeit so, dass man seine einstige Pracht erahnen kann. Aber man sollte und muss sich damit abfinden, dass vieles seit dem Zweiten Weltkrieg unwiederbringlich verloren ist. Eine weitere Diskussion um die Ausmalung des Rathaussaales würde die Stadt nicht weiterbringen. Wir sollten lieber darauf sehen, was unsere Stadt insgesamt zu bieten hat, dann wird man feststellen: Nürnberg ist schön, Nürnberg ist mehr als Dürer!“

Hartmut Beck von den Freien Wählern ist ebenfalls gegen eine Ausmalung des Rathaussaales: „Die schwere Holzdecke und die dunklen Paneele erzeugen sehr viel Stimmung, und die weißen Wände lockern das Ganze etwas auf. Ein Ausmalen würde den Saal überladen erscheinen lassen. Ich persönlich bin deshalb strikt dagegen. Der Ausmalung des goldenen Saals in Augsburg liegt eine völlig andere Situation zu Grunde. Ich kann nur sagen: Finger weg! Wir leben nicht mehr im Barock.“

Sebastian Brehm, CSU–Fraktionschef: „Die Diskussion über die Ausmalung wird sich erst noch entwickeln. Ich bin der Meinung, dass wir grundlegend arbeiten sollten und ein Expertengremium einberufen müssen. Der Vorschlag für eine Ausmalung des Rathaussaales ist interessant, und ich persönlich finde ihn toll. Man muss den Vorschlag aber wissenschaftlich aufarbeiten, ob eine Rekonstruktion der ganzen Wand oder nur eines Teils sinnvoll ist. Es ist auch noch nicht geklärt, was eine Ausmalung kosten würde und nach welcher Vorlage sie erfolgen soll. Auch kann die Stadt angesichts der Haushaltslage nicht von heute auf morgen eine Ausmalung beschließen. Für eine Entscheidung brauchen wir ein wissenschaftliches Fundament.“

Monika Krannich-Pöhler, Stadträtin von den Grünen: „Ich will mich noch nicht endgültig entscheiden und muss mich erst intensiv mit der Frage der Ausmalung beschäftigen. Ich bin zwar für Denkmalschutz, aber angesichts der Haushaltslage wäre eine Rekonstruktion ein schwieriges Thema. Wir wissen überhaupt nicht, was sie finanziell bedeuten würde und ob sie zur multifunktionalen Nutzung des Saales passen würde. Auch wäre der Saal bei einer Ausmalung sehr, sehr lange gesperrt. Die Gefahr ist, dass der Saal nach der Ausmalung die Besucher visuell erschlägt. Wir wollen jetzt erst einmal mit den Altstadtfreunden und den Denkmalschützern diskutieren.“

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