Duschverbot in Erlenstegen: Anwohner fürchten Legionellen

3.7.2014, 06:01 Uhr
In der Wohnanlage in der Esperantostraße in Erlenstegen ist jeder Gang unter die Dusche eine Überwindung: Die Anwohner haben Angst vor verseuchtem Wasser.

© Roland Fengler In der Wohnanlage in der Esperantostraße in Erlenstegen ist jeder Gang unter die Dusche eine Überwindung: Die Anwohner haben Angst vor verseuchtem Wasser.

„Wir sind beunruhigt“, sagt eine Anwohnerin der Nürnberger Zeitung. Mitte Mai flatterte den Bewohnern der Wohnanlage an der Eichendorff- und Esperantostraße ein Schreiben ins Haus. „Duschverbot“ war dort zu lesen. Der Grund: Legionellen. Die Trinkwasserverordnung legt fest, dass eine Probe mit einem Wert von mehr als 100 sogenannten „koloniebildenden Einheiten“ (kbE) pro 100 Milliliter dem Gesundheitsamt gemeldet werden muss. Ab einem Wert von 10.000 kbE gilt Duschen als möglicherweise riskant. In der Anlage in Erlenstegen waren 47 Proben entnommen worden, bei 17 wurde der Grenzwert von 100 kbE überschritten, eine Messung ergab sogar einen Wert von 17.000 kbE.

Derzeit duschen die Bewohner der Wohnblocks – sie haben sich Filter zugelegt, die man an den Duschkopf schraubt. „Richtig sicher fühlt man sich damit aber auch nicht“, sagt die Bewohnerin, „außerdem müssen die Filter alle vier Wochen ausgetauscht werden, das kann kein Dauerzustand sein.“ Die Hoffnung, die Legionellen würden schnellstmöglich aus dem Leitungssystem entfernt werden, hat sie fast schon aufgegeben. „Erst haben wir die Information bekommen, es würde maximal zwei Monate dauern, jetzt wird schon von mindestens drei Monaten gesprochen.“

Hausverwaltung prüft Angebote

Thomas Meier vom zuständigen Hausverwaltungs-Unternehmen „Pfeuffer Immobilien“ kann die Sorgen der Bewohner verstehen, bittet aber um Verständnis. „Wenn auch nur bei einer Wohnung ein so hoher Befund vorliegt, sind wir einfach gezwungen, bestimmte Maßnahmen wie ein Duschverbot zu ergreifen“, so Meier. Eine Lösung sei zwar bereits in Arbeit – müsse jedoch zunächst von der Eigentümerversammlung beschlossen werden. „Ich darf schließlich nicht einfach das Geld der Eigentümer ausgeben“, sagt er.

Erste Angebote gehen bei einer langfristigen Lösung, also der Sanierung der Leitungen, von einer Investitionssumme in Höhe von etwa 60.000 Euro aus. „Auch die kurzfristige Lösung, eine chemische Desinfektion, würde knapp 9000 Euro kosten“, so Meier.

Dass die Verunreinigung des Wassers in der Erlenstegener Anlage nur von einer einzelnen Wohnung ausgeht, das vermutet auch Werner Sippel vom Gesundheitsamt der Stadt. „Es liegt einfach nahe, wenn nur bei einer Probe der Wert so extrem erhöht ist und bei 30 von 47 Proben nichts gefunden wurde“, sagt er, „das deutet auf ein falsches Nutzerverhalten eines einzigen Bewohners hin.“

60 weitere Wohnanlagen betroffen

Mit Legionellen hat derzeit nicht nur die Wohnanlage in Erlenstegen zu kämpfen. Dem Gesundheitsamt sind noch rund 60 weitere Wohnanlagen in der Stadt bekannt, in denen das Trinkwasser belastet ist. „So hoch wie in Erlenstegen ist die Konzentration dort aber nicht.“ Dass derzeit vermehrt Legionellen in Mietshäusern gemeldet werden, hat auch nichts mit einem häufigeren Auftreten der Bakterien zu tun, sondern damit, dass gezielt nach ihnen gesucht wird.

Waren Untersuchungen früher nur für öffentliche Einrichtungen wie Bäder oder Kliniken vorgeschrieben, müssen seit einer Neufassung der Trinkwasserverordnung aus dem Jahr 2011 auch Mietshäuser kontrolliert werden. Für die Erstkontrolle hatte der Gesetzgeber eine Frist bis Ende 2013 eingeräumt. Weil die Kapazitäten der Labore jedoch nicht ausreichten, kommen viele Befunde erst jetzt.

Veraltete Technik begünstigt Vermehrung von Legionellen

Gerade in älteren Gebäuden werden die Prüfer häufig fündig. „Wenn die Hausinstallation nicht dem modernen Stand der Technik entspricht, fördert das die Vermehrung der Legionellen“, sagt Sippel. Die Bakterien fühlen sich bei Wassertemperaturen zwischen 25 und 50 Grad schließlich besonders wohl und vermehren sich – und genau diese Temperaturen herrschen häufig in den Leitungen alter Gebäude.

Eigentlich sollte das Warmwasser nach der Erhitzung mit mindestens 60 Grad in das Leitungsnetz fließen – und dort nicht mehr als fünf Grad verlieren. Wenn die Rohre aber nicht ausreichend isoliert sind – und das ist in alten Gebäuden häufig der Fall – verliert das Wasser wesentlich mehr Wärme. „Wir haben in manchen Gebäuden schon Temperaturen von 44 Grad festgestellt“, so Sippel. Falls das lauwarme Wasser dann noch lange Zeit in längst toten Leitungen steht oder Bewohner wochenlang einen Wasserhahn nicht aufdrehen, dann finden die Bakterien einen idealen Nährboden und es kann zu einer Legionellen-Kontamination kommen.

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