Erfahrungsfeld der Sinne: In diesem Haus geht alles schief

24.4.2014, 11:25 Uhr
Erfahrungsfeld der Sinne: In diesem Haus geht alles schief

© Michael Matejka

Wo bitte steht geschrieben, dass es lustig ist, seine Sinne zu entfalten? Es kann ziemlich ätzend sein. Wer das Holzhaus am Ende des Areals über einen schrägen Steg betritt, kommt drinnen total aus dem Lot. Dabei sieht alles normal aus, inklusive der Ölschinken an der Wand. Nur der Boden ist schief, und das verwirrt den Gleichgewichtssinn nachhaltig.

So torkeln auch die Gäste der Pressekonferenz mehr oder weniger schwankend ins Freie. Das „verrückte Haus“, so heißt die vertrackte Holzhütte, hat seinen Namen verdient. Es ist einer von mehreren Oldtimern, die zum 20. Jubiläum einen Ehrenplatz bekommen. Best of... heißt das Motto heuer.

"Schwebend und erhebend"

Hartmut Ühlein (59), als städtischer Mitarbeiter von Anfang an dabei, kennt die Renner in- und auswendig. Da ist der 400 Kilogramm schwere Pendelstein, sein erklärter Liebling.

„Irgendwie schwebend und erhebend“ sei es, mit geschlossenen Augen auf dem Grantibrocken am Seil zu sitzen und sachte zu schwingen. Er macht es vor, versinkt für kurze Zeit, genießt. Nicht, dass Ühlein momentan viel Zeit für Entspannung hätte. Vor der Eröffnung in einer Woche wird an den 80 Stationen noch gebuddelt, geschraubt und poliert.

Dritter Klassiker auf dem Sinnesparcours ist der Barfußpfad, den gerade zwei Praktikantinnen neu verlegen. Er ist Hartmut Ühleins Einstieg, wenn er Jugendliche übers Erfahrungsfeld führt. „Wer hier pubertäre Jungs aus den Schuhen kriegt, der hat sie“, sagt der Sozialpädagoge.

Raus aus der gewohnten Konsumhaltung, aktiv werden, das gelingt hier zwischen dem plätschernden Modellbach mit den Stichlingen, den klackenden Impulskugeln oder der Partnerschaukel, auf der einer ohne den anderen nicht in Schwung kommt. Dass sich Kinder am Handy festkrallen, erlebt der 59-Jährige kaum. Hier sei nun mal nicht das Volksfest, sagt er. Hier werde man nicht bewegt, hier müsse man selbst in Schwung kommen.

Unschöne blaue Container

Mit 25.000 Besuchern hat alles einmal angefangen. Vor fünf Jahren wurden 100.000 gezählt. Im vergangenen Jahr allerdings kam das Erfahrungsfeld nicht über 88.000 Gäste hinaus. Es musste eine Woche schließen, weil Hochwasser drohte. Dass zwei unschöne blaue Container als Sozialraum und Lager die einstigen Blockhütten im Westen des Erfahrungsfeldes abgelöst haben, ist dem Hochwasserschutz geschuldet.

Mit seiner schwankenden Seilbrücke, dem Hippodrom oder der Pirouettenstation ist das Areal längst zum Pflichttermin für Kindergärten und Grundschulen in der Region geworden. Kinderkram sind die Stationen deshalb nicht. Jeder habe Sinne, sagen die Mitarbeiter, egal wie alt. Wer heuer 20. Klassentreffen hat und das auch beweisen kann, darf übrigens gratis rein. Weil das Erfahrungsfeld Geburtstag hat.

www.erfahrungsfeld.nuernberg.de

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