Erste Asylbewerber ziehen aufs ehemalige MAN-Gelände

30.8.2014, 05:58 Uhr
Erste Asylbewerber ziehen aufs ehemalige MAN-Gelände

© Horst Linke

So angespannt ist die Situation, dass sich die Informationen täglich, fast stündlich ändern. Mal sollen 120 Menschen in einem Zelt untergebracht werden, dann sind es sogar 200. Mal sollen die Flüchtlinge erst am nächsten Dienstag ankommen, dann sind sie schon da. „Wir haben laufend Zugang“, erklärt Thomas Vogtherr, bei der Regierung von Mittelfranken zuständig für die Flüchtlingsbetreuung.

So sind von Montag bis Donnerstag mehr als 1000 Asylbewerber neu in der Erstaufnahmeeinrichtung in Zirndorf angekommen. Etwa die Hälfte der Menschen wurde in andere Bundesländer weitergeleitet, die anderen 500 sind im Freistaat geblieben. Weil die Münchner Bayern-Kaserne wegen Masern seit einer Woche geschlossen ist, werden alle Asylbewerber derzeit nach Mittelfranken geschickt.

Dabei herrscht in Zirndorf Aufnahmestopp, weil die Einrichtung heillos überfüllt ist. Doch sie ist verpflichtet, Menschen aus insgesamt 40 festgelegten Ländern aufzunehmen. Nur Flüchtlinge, für die Bayern nicht primär zuständig ist, werden sofort weitergeschickt. Weil angesichts dieser Situation eine geregelte Aufnahme unmöglich ist, müssen die Neuankömmlinge nun in Zelten unterkommen.

Das erste steht auf dem ehemaligen MAN-Gelände in der Frankenstraße 100. Auf den Bretterboden hat eine Umzugsfirma metallene Betten gestellt, die bei Bedarf zu Stockbetten zusammengesteckt werden können. Zehn türkisfarbene Klohäuschen stehen für 100 Menschen bereit, die Duschcontainer wurden noch nicht geliefert. Aus Syrien stammen die Flüchtlinge, die aus einem silbernen Reisebus ausgestiegen sind, aber auch aus dem Irak, Tunesien, Mazedonien, Nigeria und Ghana. Viele warten im Schatten dösend darauf, eingelassen zu werden.

Ob es denn noch ein zweites Zelt neben diesem großen da geben werde, fragt eine Frau aus Syrien in stark gebrochenem Englisch. Sie deutet auf mehrere Frauen mit kleinen Kindern: Zehn Monate alt ist das jüngste Baby, ein vierjähriges Mädchen schläft, total erschöpft, mit offenem Mund auf dem Koffer der Mutter. Es sei so laut und eng, dass sie seit drei Nächten kein Auge zugemacht hätten. In diesem Zelt würden sie ebenfalls nicht schlafen können, sie möchte zurück nach Zirndorf.

Dort aber findet sich beim besten Willen kein Platz mehr. Auch „der letzte Gang und Treppenabsatz wurde mit Matratzen ausgestattet“, sagt Michael Münchow, der Sprecher der Regierung von Mittelfranken: „In Zirndorf ist die Grenze jetzt langsam erreicht.“ Ungeachtet dessen werden für das Wochenende weitere 600 Menschen erwartet. Die Regierung von Mittelfranken erwägt daher sogar eine Beschlagnahmung von Hallen. Auch die Fraktionsvorsitzende der Landtagsgrünen, Margarete Bause, fordert die Nutzung staatlicher Immobilien für Flüchtlinge.

Unterdessen werden auf dem städtischen Sportplatz an der Deutschherrnstraße im Stadtteil Kleinweidenmühle noch mehr Menschen untergebracht als ursprünglich geplant. Neben einem großen, 25 mal 30 Meter großen beheizbaren Zelt, wird noch ein kleineres errichtet. Insgesamt 300 Asylbewerber sollen hier unterkommen, bis sie in andere Bundesländer oder Regierungsbezirke weitergeleitet werden, erklärt Thomas Vogtherr. Er spricht von zwei, drei Tagen Aufenthalt für den Einzelnen. Die Zelte würden zwischen vier und acht Wochen stehen bleiben – „bis eine nachhaltige Besserung der Lage eintritt“.

Die Regierung von Mittelfranken sei auf der Suche „nach anderen Objekten“, Zelte sollten nun keine mehr aufgestellt werden. Einer der Gründe dafür ist ganz pragmatischer Natur: „Stockbetten sind Mangelware geworden. Wegen des Flüchtlingszustroms ist der Markt dafür leergefegt.“

Verwandte Themen


2 Kommentare