Eskalation im Bamf: Leitung droht Personalrat mit Auflösung

2.3.2016, 05:57 Uhr
Das Verhältnis zwischen Leitung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge und dem Personalrat ist zerrüttet.

© dpa Das Verhältnis zwischen Leitung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge und dem Personalrat ist zerrüttet.

Hintergrund ist ein Interview, das die Mitarbeitervertreter geben wollten: Der Bayerische Rundfunk hatte den Vorsitzenden des Gesamtpersonalrats, Rudolf Scheinost, und den des örtlichen Personalrats, Gernot Hüter, zum Gespräch gebeten. Doch das Interview wurde von der Hausleitung untersagt, die drohte sogar mit disziplinarischen Maßnahmen bis hin zur Auflösung des Personalrats, sollte es stattfinden.

Erst vergangene Woche hatte sich die Personalräte Hüter und Scheinost noch gegenüber den Nürnberger Nachrichten geäußert. Dabei kritisierten sie unter anderem die Bamf-Leitung deutlich: Bei der Zusammenarbeit bestehe „dringender Verbesserungsbedarf“. Auch bei den übrigen Mitarbeitern sei die Stimmung schlecht: Sie fühlten sich „von den sehr kurzfristigen Vorgaben der Leitung und der Politik zunehmend ausgequetscht“.

Die aktuelle Episode ist der Höhepunkt eines seit Wochen schwelenden Konflikts, im Kern geht es immer um die Frage, wie schnell Personal aufgebaut und gleichzeitig die Qualität der Asylentscheidungen beibehalten werden kann. Da gab es erst einen offenen Brief des Personalrats, der letzteres in Abrede stellte. Es folgte eine Replik Frank-Jürgen Weises, Chef der Behörde, der betonte, man müsse auf eine schnellere Bearbeitung setzen.

Danach wurden den Nürnberger Nachrichten interne Papiere zugespielt: Diese zeigen, dass das Bamf prüfte, Einstellungen durchzuführen – ohne, wie das Gesetz es verlangt, nach Beamtenrecht die Eignung und Befähigung der Kandidaten genau unter die Lupe zu nehmen. Der Personalrat hält das für rechtswidrig. Das Bamf räumte Fehler ein, verwies aber auf Einzelfälle. Daraufhin klagte der Personalrat vor dem Verwaltungsgericht Ansbach: Es gehe um rund 750 Fälle.

"Werden uns nicht äußern"

Vergangene Woche kritisierten die Vorsitzenden des Gesamtpersonalrats, Rudolf Scheinost, und des örtlichen Personalrats, Gernot Hüter,  dann im Gespräch mit dieser Zeitung die Bamf-Leitung deutlich, es folgte das untersagte BR-Interview.

Der Personalrat wollte sich auf Anfrage zum Vorgang nicht mehr äußern – auch nicht darüber, ob das Gespräch mit den Nürnberger Nachrichten zu Konsequenzen geführt habe. Die Pressestelle des Bamfs verweigerte auf diese Frage ebenfalls eine Antwort. „Mit Blick auf das laufende Gerichtsverfahren werden wir uns nicht äußern“, hieß es.

Bamf-Leiter Frank-Jürgen Weise, der ja auch der Bundesagentur für Arbeit vorsteht, nutzte allerdings die monatlich stattfindende Präsentation der Arbeitslosenstatistik, um ein paar Sätze loszuwerden: Ein Maulkorb sei dem Personalrat nicht verhängt worden, betonte der 64-Jährige. Gleichzeitig bestätigte er aber indirekt, dass den Vertretern ein Interview mit dem BR untersagt worden sei. Der Personalrat habe „kein Recht, die Organisation nach außen zu vertreten“, so Weise.

Unerträgliche Situation

Gleichzeitig gab sich Weise in puncto Einstellungspraxis selbstbewusst: Das Verfahren sei rechtmäßig; dies gehe aus einer Rechtsauskunft seines Vizepräsidenten Michael Griesbeck hervor. Er selber kenne aber nicht die juristischen Themen im Detail, räumte Weise ein und betonte: Es gehe bei der Einstellung von neuem Personal nicht um das Befinden der Personalräte, sondern um die unerträgliche Situation von Hunderttausenden von Flüchtlingen, die auf die Bearbeitung ihrer Anträge warteten.

Das allerdings hatte der Personalrat nie in Abrede gestellt: Auch er sehe die Notwendigkeit, möglichst schnell neue Mitarbeiter einzustellen, sagten die Vorsitzenden Scheinost und Hüter vergangene Woche gegenüber den Nürnberger Nachrichten. Doch die „fachliche und charakterliche Eignung“ sei wichtig. Schließlich werde in den Asylverfahren „in rechtlich und menschlich sehr häufig schwierigen Fällen über Flüchtlingsschicksale entschieden, mit möglicherweise schwerwiegenden Konsequenzen im Falle von Fehlentscheidungen“.

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