Eskalierter Streit: Bewährungsstrafe für Messerstecher

14.10.2014, 05:58 Uhr

Am Nachmittag des 17. Juli krümmte sich ein Mann vor einer Sparkassenfiliale in der Gartenstadt. Er hielt sich den Bauch, weil er mit einem Messer gestochen worden war. Mehrere Augenzeugen hatten, aufgeschreckt von wüsten Beleidigungen und Geschrei, eine Schlägerei beobachtet.

Was war geschehen? Anlass des Streits waren 50 Euro, die der Angeklagte Markus D., ein kleiner, dünner Mann, von seinem Kumpel Christian R. (Namen geändert) zurückwollte. Es ärgerte D., dass er dem Schuldner hinterherlaufen musste, seine Wut ließ er am Morgen der Tat an dessen Mülltonnen aus und beschmierte sie mit dem Satz „Ich will mein Geld“.

"Ich stech dich ab!"

Als sich die Kontrahenten später an der Bankfiliale trafen, eskalierte der Streit. Doch trotz zahlreicher Augenzeugen war kaum aufzuklären, was sich tatsächlich zutrug. Wie häufig bei Schlägereien, schilderte jeder Zeuge andere Szenen. Manche hatten Faustschläge beobachtet, andere erinnern sich an Fußtritte.

„Ich stech dich ab!“, soll Markus D. gebrüllt haben, doch im Gerichtssaal stellen Staatsanwalt Bernd Zuber und auch die Richter fest, dass derartige Sprüche „leider häufig sind“ und nicht zwangsläufig bedeuten, dass gar der Tod des Kontrahenten gewollt war. Der Grat, den Vorsatz des Täters zu bestimmen, ist schmal.

Bereits nach den Ermittlungen ging Staatsanwalt Zuber von gefährlicher Körperverletzung aus und klagte die Tat zunächst vor dem Schöffengericht des Amtsgerichts an. Doch der Spruchkörper hat nur Strafgewalt bis zu vier Jahren Freiheitsstrafe - im Fall eines versuchten Tötungsdeliktes könnte dies nicht genügen. So verwies das Amtsgericht die Sache an die Schwurgerichtskammer.

War es Notwehr?

Die Frage, die sich den Richtern stellte: Hat der Angeklagte sein Opfer verletzen wollen oder riskierte er gar dessen Tod? Wie konnte es so weit kommen? Handelte D. gar in Notwehr?

Als sein Kontrahent auf ihn zukam, habe er nur keine Prügel einstecken wollen, so Markus D.; deshalb hielt er das Messer in die Luft. Der Geschädigte, er wurde kaum verletzt, sei ihm in das Messer gelaufen. Diese Version schilderte er bereits am Tatort und voller Reue versicherte er bereits damals, dass er das Messer nur besaß, weil er früher selbst überfallen wurde.

Am Ende der Beweisaufnahme waren sich Ankläger Zuber und Verteidiger Gero Loyens einig: Beide nahmen Notwehr an und forderten Freispruch. Die Richter erkannten dagegen auf gefährliche Körperverletzung und verhängten zwei Jahre Freiheitsstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt wurden. Verteidiger Loyens hat bereits Revision eingelegt.

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