Etta Scollo mit leisen Liedern und großen Themen

13.5.2018, 19:56 Uhr
Etta Scollo mit leisen Liedern und großen Themen

© Hans von Draminski

Fast entschuldigend klingt es, wenn die unprätentiöse Sängerin ankündigt, ihr Konzert fast ausschließlich mit Balladen bestreiten zu wollen. Wer Etta Scollo kennt, der weiß, dass diese Künstlerin für ihr Tun eigentlich immer einen triftigen Grund hat. Weil sie mit ihren leisen Liedern, ihren intelligenten Texten, ihren zielsicheren Conférencen der intellektuelle Gegenentwurf zum platten Italo-Pop-Ideal ist.

Etta Scollo weiß die Dinge des Lebens mit weiser Gelassenheit zu betrachten und scheut auch nicht vor Themen zurück, um die viele ihrer Landsleute einen ganz weiten Bogen schlagen. Für den "inneren Schritt", wie das Programm samt zugehörigem Album übersetzt heißt, hat Etta Scollo Lyrik und Prosa vertont, die streckenweise ziemlich harte Kost sind. Beispielsweise Interviews, die mit den Hinterbliebenen des verheerenden Grubenunglücks im Kohlebergwerk "Bois du Cazier" im belgischen Ort Marcinelle geführt wurden, bei dem im Jahr 1956 von 274 Arbeitern nur zwölf gerettet werden konnten. Etta Scollo gibt dem Leid einen Klang und eine Stimme – aber auch der Hoffnung: Genau an dem Tag, als die Bergleute begraben wurden, brachte eine der jungen Witwen im Krankenhaus ihr Kind zur Welt – dessen Großmutter die Beerdigung verließ, um bei der Geburt dabei sein zu können.

Mit der Akkordeonistin Cathrin Pfeifer und der Cellistin Susanne Paul hat die "Cantastoria" (was sich in Etta Scollos Fall grob mit "Bänkelsängerin" übersetzen lässt, wie sie selbst erklärt) zwei kongenial agierende Mitmusikerinnen dabei, die bei Bedarf sogar zum Begleitchor werden. Ist "Il passo interiore" doch auch eine theatralisch aufgefasste Bestandsaufnahme der Gesellschaft, verpackt in eine spannende Sammlung wahrer Geschichten.

 

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