"Extrem": Bayerns Polizei hat zwei Millionen Überstunden

29.12.2017, 15:09 Uhr
Die bayerische Polizei steht vor einer enormen Herausforderung.

© dpa Die bayerische Polizei steht vor einer enormen Herausforderung.

Bei der bayerischen Polizei haben sich in den vergangenen Jahren rund zwei Millionen Überstunden angehäuft. Im Bereich des Polizeipräsidiums Mittelfranken etwa kommen im Schnitt auf einen Beamten 60 Überstunden. Grund sei die "extreme Arbeitsbelastung", sagte Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Freitag in Nürnberg. Als Beispiel führte er den personalintensiven Einsatz beim G7-Gipfel im Juni 2015 auf Schloss Elmau an. "Seitdem ist der Stand der Mehrarbeitsstunden leider auf konstant hohem Niveau." Auch die anhaltende Terrorgefahr führe zu Mehrarbeit.

Herrmann erhofft sich eine deutliche Senkung durch mehr Auszahlungen von Überstunden. Dafür will der Minister mehr als fünf Millionen Euro bereitstellen. Der Landtag muss dem aber noch zustimmen.

Außerdem will Herrmann "eine spezielle bayerische Tradition" aufgeben: Bisher führen an den Flughäfen Nürnberg und Memmingen Landespolizisten die Grenzkontrollen durch. Künftig soll dies, wie eigentlich üblich, die Bundespolizei machen. Der Bund sei dazu grundsätzlich bereit, sagte Herrmann. Die bei der Landespolizei dann frei werdenden Kapazitäten könnten an anderer Stelle genutzt werden.

In der ersten Jahreshälfte 2018 sollen darüber hinaus 575 neu ausgebildete Polizisten den Dienst aufnehmen. In Mittelfranken sollen es mit 73 Stellen mehr als auf jedem anderen Polizeipräsidium Bayerns werden. Unterfranken folgt mit 69, sowie Oberfranken mit 52 Stellen direkt dahinter. Allerdings gehen im selben Zeitraum 517 Beamte in den Ruhestand, so dass bayernweit unter dem Strich nur 58 neue Stellen geschaffen werden.

Nach Ansicht der sicherheitspolitischen Sprecherin der Landtagsfraktion der Freien Wähler, Eva Gottstein, reicht das nicht aus: "Unsere Polizei hat noch immer nicht die Personalkapazität erreicht, die sie unbedingt benötigt, um im Kontext der aktuellen Bedrohungslagen ausreichend Entlastung zu erfahren", betonte sie.

Herrmanns Ankündigungen seien alles andere als der große Wurf, sondern bloß die Abarbeitung der Versäumnisse der vergangenen Jahre, kritisierte der innenpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Paul Wengert. "Für das größte deutsche Flächenland ist ein Saldo von gerade einmal 58 zusätzlichen Beamtinnen und Beamten nicht einmal der berühmte Tropfen auf den heißen Stein."

Investitionsbedarf von mehr als 800 Millionen Euro

Herrmann kündigte in Nürnberg allerdings für die Jahre 2019 und 2020 jeweils weitere 500 neue Stellen an. Die Zahl der Bewerber für den Polizeidienst sei hoch. Es würden sich fünfmal so viele junge Leute bewerben wie tatsächlich eingestellt werden könnten. "Wir können uns daher die besten Kandidaten aussuchen." 

Damit Bayern "das sicherste aller Bundesländer" bleibe, soll auch die Ausstattung der Beamten weiter verbessert werden: In wenigen Wochen will Herrmann die neuen Dienstpistole vorstellen, 2018 soll die Erprobung von Drohnen starten und der polizeiinterne Messenger - eine Art WhatsApp für Beamte zur schnellen Verteilung von Fahndungsaufrufen - flächendeckend in Bayern eingesetzt werden. Die Umstellung auf die neue, blaue Dienstkleidung soll Mitte 2018 abgeschlossen sein. Rund 33 Millionen Euro kostete sie.

Der Innenminister wies die Kritik der SPD-Landtagsfraktion zurück, der Freistaat investiere zu wenig Geld in die Sanierung von Dienstgebäuden der Polizei. Im Jahr 2017 seien rund 85 Millionen Euro dafür ausgegeben worden. Im kommenden Jahr seien sogar knapp 87 Millionen Euro geplant. Der SPD-Politiker Wengert sagte hingegen, diese Summe sei angesichts des tatsächlichen Investitionsbedarfs von mehr als 800 Millionen Euro eine Bankrotterklärung.

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