Fall 32: Neuanfang nach zwei Zwangsehen voller Gewalt

19.12.2016, 08:13 Uhr
Für Leyla T. beginnt ein neuer Lebensabschnitt. Sie will nach zwei Zangsheiraten Leyla T. durchstarten. (Symbolbild)

© dpa Für Leyla T. beginnt ein neuer Lebensabschnitt. Sie will nach zwei Zangsheiraten Leyla T. durchstarten. (Symbolbild)

Sie hat viel ausgehalten. Hat ertragen, dass sie schon als Kind von einem Elternteil geschlagen wurde. Hat hingenommen, dass sie gleich zweimal von den Eltern zur Ehe gezwungen wurde — mit Männern, die in puncto Gewalt da weitermachten, wo es zu Hause noch nicht einmal aufgehört hatte.

Dann fand sie endlich Halt bei einem Mann, der gut zu ihr war — und konnte trotzdem auch in dieser Beziehung nicht glücklich werden. Denn die traumatischen Erlebnisse ließen sich auf Dauer nicht verdrängen. "Ich konnte einfach nicht mehr", sagt Leyla T. (Name geändert).

Jetzt sitzt die 44-Jährige in der blitzsauberen Küche ihrer neuen Wohnung und hofft auf einen Neuanfang. Fünf Jahre habe sie gebraucht, um den Mut aufzubringen, sich zu trennen, sagt sie. Bis heute kann sie kaum über ihre Vergangenheit sprechen. Schon mit 13 musste sie zum ersten Mal heiraten, während der Schulferien, beim Urlaub im Heimatland der Eltern im arabischen Raum. Sie sei älter gemacht worden, sagt Leyla. Sonst wäre die Eheschließung auch dort nicht legal gewesen.

Nach drei Monaten löste ihr damaliger Mann die Verbindung. Eine zweite Ehe kam ebenfalls auf Druck der Eltern zustande, als T. 17 war. Die Familie habe die Verantwortung für die Tochter abgeben wollen. "Ich hatte keine Kindheit", sagt sie rückblickend. Stattdessen bestimmten Gewalt und eine permanente Kontrolle ihren Alltag. "Du bist nichts und aus dir wird auch nichts." Mit dieser Botschaft sei sie aufgewachsen.

"Dritte Ehe war eine Flucht aus meiner Familie"

Irgendwie schaffte sie dennoch ihren Schulabschluss und begann eine Ausbildung zur Verkäuferin. Doch die Gewalt, die sie in ihrer zweiten Ehe erdulden musste, nahm ihr jeden Lebensmut. Irgendwann hatten die Eltern ein Einsehen und halfen ihr bei der Trennung — was allerdings nur dazu führte, dass sie vom Regen in die Traufe kam. Denn auch zu Hause wurde sie weiter geschlagen. "Meine dritte Ehe war auch eine Flucht aus meiner Familie."

Das schien zunächst zu klappen: Zum ersten Mal war jemand an ihrer Seite, der ihr zuhörte und gut zu ihr war. Etliche Jahre funktionierte die Verbindung, doch die Vergangenheit ließ T. nicht los. "Ich konnte einfach keinen Mann an meiner Seite ertragen." Mit nichts zog sie aus der gemeinsamen Wohnung aus. Ihr Mann sorgte mit seinen wenigen Mitteln dafür, dass sie wenigstens einige Möbel bekam. Doch davon mal abgesehen, fehlt es ihr an allem. Vor allem Ausgaben für Medikamente belasten das Budget. T. leidet unter Depressionen, sie ist nierenkrank und hat starke Rückenschmerzen, weil ihre Wirbelsäule verkrümmt ist.

Der seelische Stress hat dafür gesorgt, dass ihr zu allem Überfluss auch noch die Haare ausgehen. Wahrscheinlich braucht sie eine Perücke. Doch zahlt die Krankenkasse nur einen Zuschuss, auch eine neue Brille muss sie überwiegend selbst finanzieren. Und weil durch die vielen Medikamente und den Stress ihr Gewicht schwankt, hat sie auch nichts anzuziehen: Die alten Sachen sind mittlerweile viel zu groß. Von einer neuen, rückengerechten Matratze wagt sie nur zu träumen.


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