Fassbinder reloaded: Premiere in der Tafelhalle

30.9.2016, 09:52 Uhr
Fassbinder reloaded: Premiere in der Tafelhalle

© Foto: Ludwig Olah

Rainer Werner Fassbinder ist auch Jahrzehnte nach seinem frühen Tod einer der radikalsten Filme- und Theatermacher. Er ist für Falk Richter das Vorbild, an das er sich hält, wenn er der gegenwärtigen Krisenstimmung in Europa nachspüren will. In seinem Stück „Je suis Fassbinder – Deutschland im Herbst 2016“, uraufgeführt auf Französisch in Straßburg, nimmt er Fassbinders Beitrag zu dem Filmprojekt „Deutschland im Herbst“ von 1977, das mehrere Regisseure 1977 unter dem Eindruck der RAF-Anschläge und ihrer Folgen drehten, als Vorlage. „Die Ausgangssituation war eine andere, aber auch damals wurde die diffuse Angst der Menschen instrumentalisiert“, sagt Barish Karademir, dem Falk Richter das Stück zur deutschen Erstaufführung anvertraut hat.

Der Text ist eine Mischung aus Zitaten, aufgeregten Dialogen über die reale oder vermeintliche Bedrohung durch Terroristen, Gesprächen über faschistoide Strukturen in Partnerbeziehungen, Sexismus, Merkels Politik, Rassismus und Pegida-Parolen. Nah dran am Gegenwarts-Gefühl ist Richter deshalb, weil er nichts als sicher hinstellt, weil er mehr Fragen aufwirft als Antworten gibt und lieber verunsichert, als vermeintliche Gewissheiten zu verbreiten. "Das Stück ist ein wichtiges Statement zu unserer Zeit", meint Tafelhallen-Programmchef Michael Bader.

Tanz und Schauspiel

Karademir inszeniert das Stück ganz bewusst mit einem Ensemble aus Schauspielern und Tänzern, die nicht alle aus Deutschland stammen. Es geht nicht um Herkunft, sondern um die Einstellung. Wie die großen gesellschaftlichen Themen ins Persönliche hineinspielen, wie dumpfe Ängste vor anders aussehenden Menschen die Sehnsucht nach Sicherheit anfachen, will Falk Richter in seinem Stück zeigen. In Fassbinders radikalem Dialog mit seiner Mutter, den er in „Deutschland im Herbst“ zeigt, beginnt die sich angesichts der gesellschaftlichen Unwägbarkeiten nach einem „autoritären Herrscher, der ganz gut ist und ganz lieb und artig“ zu sehnen. Ein einfacher Gedanke, der auf die komplizierten Fragen einer zersplitternden Gesellschaft keine Antwort ist.

Aufführungen am 30. September, 1./2. sowie 13./14. Oktober, Karten-Telefon: 09 11/ 216 27 77.

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